Sebastian Kurz und sein "Geilomobil" im Wiener Wahlkampf. Der JVP-Chef wechselt als Integrationsstaatssekretär in den Bund.

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Mit seinem letzten Antrag wird Sebastian Kurz im Rathaus wohl in Erinnerung bleiben. Für die Forderung, das Alter für Ordensverleihungen von derzeit 50 Jahren zu senken und Auszeichnungen auch für Jungpolitiker zu ermöglichen, hat der neue Integrationsstaatssekretär im Gemeinderat parteiübergreifendes Gelächter geerntet. Der größte politische Erfolg für den von Parteifreunden als "wohlerzogener junger Mann" beschriebenen Chef der jungen Volkspartei ist wohl, dass sich die Wiener bei der Volksbefragung im Wahljahr für den JVP-Vorschlag für eine Nacht-U-Bahn aussprachen.

Dass es halblustig werden kann, wenn der adrette VP-Nachwuchs versucht, frech rüberzukommen, zeigte sich bei der Kampagne für die Nacht-U-Bahn: Halbnackte Jungschwarze warben mit dem Bruhaha-Slogan "24 Stunden Verkehr am Wochenende". Im Wahlkampf fuhr Kurz mit einem schwarzen Hummer – dem "Geilomobil" – und dem Spruch "Schwarz macht geil" durch die Stadt. Kritikern beschied er, "spaßbefreit" zu sein.

Jus-Student im Gemeinderat

Etwa Ursula Stenzel, der Bezirksvorsteherin der Innenstadt, die ihm daraufhin im STANDARD-Interview ausrichten ließ, dass es "ja nicht sein kann, dass die Parteizukunft aus Menschen mit junger Fassade besteht, die in alten, eingefahrenen Funktionärsschienen denken und Karriere machen wollen".

Genutzt hat die "Geilomobil"-Tour nicht viel, die VP rasselte bei der Wahl in ein historisches Tief. Kurz, der 2008 für den Nationalrat kandidiert hatte, landete auf Platz drei und zog in den Gemeinderat ein, wo der Jus-Student jedoch nicht im Integrations-, sondern im Bildungsausschuss saß.

Kurz, der zu Michael Spindelegger einen ebenso guten Draht hat wie zu Josef Pröll, kann wenig Erfahrung im Bereich Integration vorweisen. Er sprach sich für Schulzentren aus, in denen Migrantenkinder, die erst kurz in Österreich sind, Deutsch lernen sollen, bevor sie in die reguläre Schule wechseln.

Deutsch in Moscheen

Im Wahlkampf fiel der Meidlinger mit der Forderung auf, dass Predigten in Moscheen auf Deutsch stattfinden sollten. Die Muslimische Jugend bezeichnete am Dienstag die Schaffung eines Integrationsstaatssekretariates als "mutigen Schritt". Kurz schätze man als Gesprächspartner.

Auf Facebook formierte sich schnell Widerstand gegen Kurz, der mit 24 Jahren das bisher jüngsten Mitglied einer Bundesregierung ist. So hatten die Facebook-Gruppen "Kurz als Integrationsstaatssekretär? – Nein Danke!!" und "Ich mach den Integrationsstaatssekretär bei Humboldt" Dienstagnachmittag bereits über 5000 Unterstützer. (Bettina Fernsebner-Kokert, STANDARD-Printausgabe, 20.4.2011)

Die Baustellen

Österreich schneidet im internationalen Vergleich beim Thema Integration durchwegs schlecht ab. Beim "Migrant Integration Policy Index" – der die politischen Rahmenbedingungen für Migration untersucht – landete die Alpenrepublik zuletzt auf dem 24. Platz (von 31) und damit deutlich unter dem EU-Schnitt. Immerhin gibt es inzwischen einen Nationalen Aktionsplan für Integration. Aus diesem versucht gerade ein von Maria Fekter eingesetzter Expertenrat Empfehlungen abzuleiten. Der Bericht dieses Gremiums soll im Frühsommer vorliegen – so lautete zumindest der Plan, als sich die Innenministerin noch selbst um die Integrationsagenden kümmerte.

Für Johanna Mikl-Leitner wird das nun der neue Staatssekretär Sebastian Kurz übernehmen. Die Umsetzung der im Aktionsplan festgeschriebenen Ziele wird ein Knochenjob. Denn der Neo-Staatssekretär grast dabei überwiegend in fremden Ressorts – die Themenbereiche erstrecken sich von Bildung über Gesundheit bis zu Wohnen und Sport. Kurz wird sich also in erster Linie Koordinationsfragen widmen und einige Konflikte mit roten und schwarzen Ministern austragen müssen.

Beim Thema Neuzuwanderung für Drittstaatsangehörige hat sich die Koalition inzwischen auf die Rot-Weiß-Rot-Card geeinigt: Künftig wird es ein Punktesystem geben, das Hochqualifizierte ins Land locken soll. (stem, STANDARD-Printausgabe, 20.4.2011)