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Für ÖVP-Chef und Außenminister Michael Spindelegger ist es an der Zeit, dass die Regierung in der EU-Politik offensiv wird. Vom Koalitions partner SPÖ erwartet er da deutlich mehr Engagement.

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Eineinhalb Tage lang hat ÖVP-Chef Michael Spindelegger am Wochenende in Salzburg beim "Trilog" mit internationalen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft/Kultur über Lösungen für die großen globalen Problembereiche wie Arbeit, Energie oder Umwelt diskutiert. Sinn dieses von der Bertelsmann-Stiftung und dem Außenamt mit organisierten Treffens ist es, dass Spitzenleute aus Europa, Asien und den USA abseits des Tagesgeschehens langfristige, über kleine Ebenen und nationale Zwänge hinaus reichende Lösungen erörtern.

Ob Europa sich einige, das sei längst nicht mehr der entscheidende Punkt, meinte etwa ein Zukunftsforscher aus Hongkong, die Europäer müssten sich vielmehr der Frage zuwenden, ob sie in der global umgewälzten Realität zwischen Asien und den USA als Wohlstandskontinent überhaupt weiter existieren können - und was dafür zu tun wäre.

Diese atmosphärischen Umstände mögen mit ein Grund sein, warum Außenminister Spindelegger im Standard-Gespräch dem Eindruck, dass Österreichs Regierung im EU-Konzert derzeit eine vergleichsweise bescheidene Rolle spielt, gar nicht einmal vehement widerspricht. "Ich möchte, dass ab Herbst die gesamte europapolitische Palette in Österreich viel stärker diskutiert wird", sagt er.

Derzeit werde das Thema EU immer meist nur punktuell, "in Ausschnitten behandelt, und es heißt dann oft, jetzt geben wir schon wieder Geld nach Brüssel" . Der Zusammenhang, welchen Sinn die Union als Ganzes habe und warum sie für das Land insgesamt positiv sei, der bleibe dabei auf der Strecke.

Seine Partei, die ÖVP, werde sich trotz des Gegenwinds infolge der Wirtschafts- und Eurokrise nicht abbringen lassen: "Wir bleiben auf Pro-Europa-Kurs" , erklärt Spindelegger, der sich auch "nicht beeindrucken lassen will von der Verteufelung und der Kampagnisierung der FPÖ" , aber "auch nicht vom Desinteresse der anderen", sprich des Koalitionspartners.

Was er mit diesem "kleinen Seitenhieb" auf Kanzler Werner Faymann meine? "Das Desinteresse der SPÖ ist offenkundig" , sagt der ÖVP-Chef, "schauen Sie, welche Vorschläge zu Europa es gibt, welche Debatten geführt werden. Da ist ein SPÖ-Beitrag einfach nicht dabei." Der Koalitionspartner äußere sich "immer nur, wenn gerade ein EU-Gipfel ist, dann gibt es Statements." Sonst? Nichts.

Mehr will der Vizekanzler dazu nicht sagen. In der ÖVP stößt man sich offenbar mehr und mehr daran, dass die Angst der SPÖ vor negativen Schlagzeilen zu Europa dazu führt, dass dieses Feld den Populisten überlassen wird.

Spindelegger sagt, dass er ab sofort viel mehr "für einen proeuropäischen Kurs kämpfen will" . Man müsse den Bürgern alles besser erklären. Er, Spindelegger, sei überzeugt davon, dass die Mehrheit der Österreicher gar nicht so negativ zur EU eingestellt sei, weil sie genau spüren, dass es um ihre Zukunft gehe, die in der Union besser garantiert werde. (Thomas Mayer aus Salzburg, DER STANDARD, Printausgabe, 22.8.2011)