Bild nicht mehr verfügbar.

Spindelegger erwartet für den Herbst mehr Aktionen seitens der Bundesregierung.

APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER

Die Ferien sind zu Ende, zumindest für die Bundesregierung. Beim ersten Ministerrat nach der Sommerpause traten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger noch sonnengbräunt vor die Medien. Mit Freizeit und Erholung soll nun aber Schluss sein. Spindelegger hatte bereits am Wochenende gefordert, dass die Bundesregierung im Herbst mehr Aktionen setzen müsse. Faymann reagierte auf diese Aufforderung ungerührt und wollte sich auch zur Kritik Spindeleggers, die SPÖ sei an Europa desinteressiert, nicht äußern. 

Der Bundeskanzler begann seine Ansprache mit guten Nachrichten. Er lobte die Arbeitsmarkdaten und die Rekordbeschäftigung. Mit nur vier Prozent Arbeitslosigkeit sei man Spitzenreiter in Europa.

Gegen EU-Wirtschaftsregierung und Eurobonds

Thema waren beim Ministerrat auch die Euro-Finanzen. Die Regierung lehnt die von Deutschland und Frankreich vorgeschlagene EU-Wirtschaftsregierung sowie die sogenannten Eurobonds ab. Beide Maßnahmen würden eine Änderung der EU-Verträge erfordern. Und angesichts dessen, dass allein in der Eurozone 44 Parteien in den Regierungen vertreten seien, wäre das gar nicht so einfach, meinte Faymann. Vielmehr müsste jetzt rasch umgesetzt werden, was bereits beschlossen wurde, so Faymann wohl in Anspielung auf die Diskussionen über Sicherheiten in Zusammenhang mit der Griechenland-Hilfe. Der Kanzler meinte weiters, dass die europäischen Rettungsgelder bereits eine Art Eurobonds seien. Echte Euroanleihen auf 50 Prozent der Verbindlichkeiten der Staaten hätten zudem ein enormes Volumen von vier Billionen Euro.

Finanzministerin Maria Fekter hat sich vor dem Ministerrat klar gegen Sonderkonditionen, wie diese bei der Griechenland-Hilfe mit Finnland vereinbart wurden, ausgesprochen. "Österreich hat immer klar gemacht, wenn es Sicherheiten für ein Land gibt, dann müssen alle anderen gleich behandelt werden", sagte sie am Dienstag vor dem Ministerrat. Was Finnland mit Griechenland ausgemacht habe, sei "kein tauglicher Ansatz". In Hinblick auf Sicherheiten müsse eine Lösung gefunden werden, die alle Staaten teilen würden, so Fekter, "und die sehe ich derzeit nicht."

Hilfeleistungen für Ostafrika

Spindelegger thematisierte die Hilfeleistungen Österreichs, um der Dürrekatastrophe in Ost-Afrika entgegenzuwirken. Die Bunderegierung verdoppelt die Hilfe auf eine Million Euro, weitere Schritte seien möglich.

Wirtschaftliche Strukturen wiederherstellen

Zu Libyen sagte der Außenminister, dass die Situation "nach wie vor völlig unübersichtlich" sei. Trotz der letzten Jubelmeldungen aus der Hauptstadt Tripolis, sei einen Tag später die politische Situation "absolut unüberschaubar", sagte Spindelegger. Nachrichten aus dem Kampfgebiet seien mit großer Vorsicht zu genießen. Trotzdem überlegt der Außenminister bereits die Wiederansiedlung österreichischer Unternehmen in Libyen, um beim Aufbau demokratischer und wirtschaftlicher Strukturen mitzuhelfen.

Spindelegger sprach sich schließlich auch dafür aus, das Büro der Europäischen Union rasch von Benghazi, dem Sitz der Rebellen, in die Hauptstadt Tripolis zu verlagern, um besser über die aktuelle Lage in Libyen informiert zu sein. Zudem dürften keine bürgerkriegsartigen Zustände entstehen, etwa durch Lynchjustiz und Ähnliches. Aus österreichischer Sicht sei es nun wichtig, so der Außenminister, den Übergangsrat der Rebellen zu unterstützen, erst seit kurzer Zeit sei man in Kontakt mit einem der beiden Führer gewesen.

Auch Faymann betonte, dass es zu früh sei, zu sagen, der Konflikt in Libyen sei beendet. Auch der Kanzler sprach sich dafür aus eine Übergangsregierung wirtschaftlich zu unterstützen, vor allem gehe es dabei um den Aufbau der Lebensbedingungen in dem Land.

Österreichisches Heer nicht nach Libyen

Verteidigungsminister Norbert Darabos hat einem möglichen Bundesheereinsatz in Libyen eine Absage erteilt. Er sehe ein starkes militärisches Engagement nicht, sagte er vor dem Ministerrat. Es gebe aber auch andere Möglichkeiten, Hilfe zu leisten, etwa beim zivilen Wiederaufbau.

Darabos kennt VP-Wehrdienst-Konzept nicht

In Sachen Wehrpflicht sind die Fronten offenbar unverändert verhärtet. Darabos strebt weiter eine Abschaffung an. Das Alternativmodell der ÖVP mit einem Katastrophenschutzdienst kennt er nach eigenen Angaben nicht, sagte Darabos vor dem Ministerrat am Dienstag. Er habe von der ÖVP bisher keinen Vorschlag am Tisch liegen und könne daher die in den Medien kolportierten Pläne des Koalitionspartner nicht bewerten.

Die ÖVP habe eine Diskussion über einen Kompromiss bisher verweigert. Die vermeintlichen Pläne der ÖVP zu einer Bundesheerreform wurden tatsächlich schon in mehreren Medien kolportiert aber nie offiziell von der ÖVP präsentiert. Im Gespräch ist jedenfalls ein Wehrpflichtmodell, bei dem man zwischen dem klassischen militärischen Dienst und einem Katastrophenschutzdienst wählen kann. Ob sich die Regierungsparteien noch heuer in dieser Streitfrage einigen werden, wollte Verteidigungsminister Darabos nicht bewerten. (APA/rwh, derStandard.at, 23.8.2011)