Die Bauernbündler Niki Berlakovich und Fritz Grillitsch (rechts) zeigen ÖVP-Parteichef Spindelegger (Mitte) die Gurke: Entgegen der Parteilinie fordern sie einen Solidarbeitrag von Topverdienern.

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Wien - Die ÖVP fährt in Sachen Steuerdebatte weiterhin keine einheitliche Linie: Entgegen seiner bisherigen Position kann sich der Bauernbund nun doch eine Solidarabgabe für Spitzenverdiener vorstellen. Das sagte Fritz Grillitsch in einem Interview anlässlich seines Zehn-Jahr-Jubiläums als Präsident des ÖVP-Bauernbundes.

Er betonte, es gehe dabei einerseits um ein Gesamtkonzept und nicht um Einzelmaßnahmen. Andrerseits müssten zunächst Einsparungen im Vordergrund stehen, bevor man über neue Steuern rede. Eine Solidarabgabe für Spitzenverdiener könne aber "am Ende des Tages Teil eines Gesamtergebnisses sein".

Damit wächst der interne Druck auf ÖVP-Parteichef Michael Spindelegger. Denn während sich die Länderchefs - allen voran Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll - und Teile des Arbeitnehmerbundes ÖAAB längst mit einer Solidarabgabe für Reiche angefreundet haben, stemmten sich Bauern- und Wirtschaftsbündler bisher massiv dagegen. Mit dem Schwenk des Bauernbundes scheint eine Reichensteuer wahrscheinlicher.

Solidarabgabe als Symbol

Grillitsch begründete seinen Sinneswandel damit, dass "die ÖVP und der Bauernbund nicht die Vertreter der Superreichen sind" und die Menschen "den Wunsch" nach einem solchen Beitrag hätten. Und "auch von vielen Superreichen selbst wird das signalisiert". Eine Solidarabgabe sei "befristet durchaus vorstellbar", sagte Grillitsch. "Wenn es das Symbol ist, das sich die Menschen wünschen, sollte man das tun."

Als möglichen Teil einer Steuerreform sieht er auch die Einführung einer Umwidmungsabgabe. Derzeit sind Gewinne durch Umwidmung von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen in Bauland steuerfrei. Verteidigt wird von Grillitsch die Pauschalierung für die Bemessung der Einkommenssteuer für Bauern. Er verstehe nicht, wieso SPÖ und Arbeiterkammer, die eine Klage gegen diese Pauschalierung überlegt, "im 21. Jahrhundert noch immer Klassenkampf betreiben".

Kritik an der Einladung des Bauernbundes an den umstrittenen deutschen Autor Thilo Sarrazin zu einem Vortrag in Graz weist Grillitsch zurück. Bei dieser Debatte gehe es nicht nur um Migration, sondern um demografische Entwicklungen. Er sei dafür, dieses Thema offen anzusprechen, aber nicht in einer "Daham statt Islam"-Debatte, sondern in einem "Dialog ohne Scheu".

Seinen Vorstoß, nicht integrierten Zuwanderern schrittweise die Sozialleistungen zu streichen, verteidigt der Bauernbund-Präsident. Man müsse sich die Frage stellen, "wie lauten die Spielregeln". Dennoch sei Österreich ein Migrationsland, sagte Grillitsch. (red, APA, DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2011)