Essen und Politik sind niemals zu trennen, Essen und Politiker meist glücklicherweise schon – weswegen Letztere hier eigentlich nicht vorkommen. Heute muss das leider anders sein, weil Heinz-Christian Strache mein Sauerkraut ruiniert hat.

Der Fairness halber muss man sagen: Er hat es nicht absichtlich getan und auch nicht allein. Ich bin ihm auf dem WKR-Ball über den Weg gelaufen, wir sind ins Gespräch gekommen, er hat mir ein paar dumme Dinge erzählt und ich habe darüber geschrieben. Das hat einen solchen Wirbel erzeugt, dass ich zumindest eine Woche zu fast gar nichts gekommen bin, nicht einmal zur täglichen Sauerkraut-Pflege. Bedauerlicherweise war das nun genau jene Woche, in der das Kraut fertig vergoren sein sollte. Statt es also endlich zu essen, habe ich es einige Tage einfach ohne Betreuung weiter im Wohnzimmer stehen gelassen und erst dann für eine weitere Woche in den kalten Keller verräumt, um zumindest die Gärung zu stoppen. Als ich nun vor ein paar Tagen den Deckel wieder öffnete, musste ich feststellen, dass das Kraut angeschimmelt ist.

Foto: Tobias Müller

Nicht jenes, das brav in der Lake lag, aber die Krautstücke, die beim letzten Entfernen der Kamhefe an den Rand gedrückt und aus der Flüssigkeit gehoben wurden. Ich habe sie sonst stets gleich weggewischt, beim letzten Abschöpfen muss ich es vergessen haben. Ich habe testweise etwas Kraut aus der Lake genommen und näher untersucht: Es sieht tadellos aus und riecht auch so, wie man es von Sauerkraut erwartet. Daher habe ich es zu zumindest verkostet – in kleinen Mengen, um etwaige Auswirkungen auf den Verdauunstrakt gering zu halten. Als Hauptbestandteil der Mahlzeit hat aber das Vergleichskraut vom Fleischer meines Vertrauens hergehalten.

Foto: Tobias Müller

Es gibt wohl unzählige Rezepte für Sauerkraut, ich variiere meine Zubereitungsart je nach dem, was ich gerade zur Hand habe. Diesmal ging es so: Zwei nicht allzu große Zwiebeln und Äpfel in nicht zu wenig Gänsefett im schweren Bräter andünsten, ein Kilo Kraut kurz mitbraten und mit etwas Apfelsaft löschen. Mit einem halben Liter Fond aufgießen und bei etwa 170 Grad zugedeckt im Herd eine bis eineinhalb Stunden garen.

Falls vorgesehen, nach und nach die Fleischbeilagen im Topf mitgaren. Ich habe von Anfang an eine Speckscheibe und zwei Stück Salzfleisch zum Würzen und etwa eine halbe Stunde vor Garende eine Blut- und eine Bratwurst dazugelegt. Die Blutwurst sollte geschält sein, sonst quillt sie irgendwann als unförmige Masse aus der Haut.

Den Bräter herausnehmen und auf dem Herd ohne Deckel die Flüssigkeit reduzieren, etwa 20 Minuten lang. Das Fleisch währenddessen im Rohr warmhalten. Alles aufeinanderhäufen und mit frischem Kren und Senf servieren. Ich habe vor einigen Wochen ein Glas hiervon geschenkt bekommen, was ganz hervorragend zu Speck passt. (Davor habe ich ihn zum kalten Huhn probiert, da ist er mir zu süß.)

Das hier abgebildete Sauerkraut ist das Vergleichskraut vom Fleischer, das eigene wurde nur in sehr kleinen Mengen genossen.
Foto: Tobias Müller

Gern würde ich jetzt schreiben: Das selbst gemachte Kraut ist das beste Kraut, das ich je gegessen habe. Leider stimmt das nicht. Es schmeckt sehr mild, um nicht zu sagen ein bisserl fad, nicht schlecht, aber auch nicht besonders aufregend. Das Vergleichskraut war deutlich besser. Das liegt wohl auch daran, dass ich mein Kraut gründlich waschen musste vor dem Verzehr – die Lake war nämlich deutlich zu salzig. Jetzt ist das Waschen des Sauerkrauts bzw. das Mitkochen des Safts eine ewige Streitfrage und die Antwort darauf auch krautabhängig, ich bin aber eher dafür, ihm seinen Saft zu lassen.

Ich werde den Rest nicht essen, der Schimmel hat mir irgendwie den Appetit darauf verdorben, und so richtig gut ist das Kraut sowieso nicht geworden. Der Versuch war mäßig erfolgreich. Aber Milchsäuregärung, ich komme wieder!

Steak 2.1
Angeregt durch einige Postings unter der Steak-Geschichte war ich vergangene Woche im Artner am Franziskaner Platz. Auf ein Côte de Boeuf, nicht aus den USA, sondern aus Salzburg, vom Simmentaler Biorind, laut Karte sechs Wochen am Knochen trocken gereift. Ich habe im Artner vorher nie Steak gegessen und will nicht über Wiens triste Steaklandschaft schimpfen, ohne sie möglichst genau erkundet zu haben. Aber leider: Fad wars das Fleisch, nicht einmal besonders zart, und sehr gereift hat es auch nicht geschmeckt. Das beste am Essen war das selbst gemachte Ketchup zu den Pommes. Gekostet hat das Stück etwa 60 Euro. Im Franks war das Steak fürs etwa gleiche Geld eindeutig besser.

"Gruß aus der Küche" jetzt auch im "Wiener"
So um die 15.000 Klicks hat dieser Blog jede Woche, mal etwas mehr, mal etwas weniger, je nachdem, ob es um Gänseleber oder rote Rüben geht. Manchen Lesern gefällt er überhaupt nicht, anderen schon – am allerliebsten aber haben ihn offensichtlich die Kollegen von der Monatszeitschrift "Wiener". Zumindest der Name hat ihnen so gut gefallen, dass sie ihre neue Kochkolumne auch "Gruß aus der Küche" genannt haben. Weil ich mich über jeden Fan freue, an dieser Stelle also dafür ein herzliches Danke.

Willkommen auf der Biofach
Die Biofach in Nürnberg ist laut Eigenangaben die weltweit größte Messe für Bioprodukte, vergangenen Donnerstag durfte ich einen Tag dort verbringen. Etwa 2.000 Aussteller aus der ganzen Welt sind auf der Messe vertreten.

Foto: Tobias Müller

Wenn es nach dem Wunsch der Leute im Bildhintergrund geht, gibt es bald Biomilch aus der inneren Mongolei in Osteuropa zu kaufen. Im Sunkist-artigen Tetrapack. Die Firma, für die sie arbeiten, gehört zu den größten Milchproduzenten Chinas und hat 30.000 Mitarbeiter. Auf der Biofach stellte sie zum ersten Mal aus und versuchte Kontakte zu knüpfen. Der Andrang war enden wollend.

Zum Vergleich: Auf der größten Lebensmittelmesse der Welt, der Anuga, sind es etwa 6.500. Das ist ein recht beachtliches Verhältnis, wenn man bedenkt, dass nicht einmal ein Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet wird. Hier gibt's viele viele Zahlen. --> PDF zum Download


Foto: Tobias Müller

Indien will groß in den Biomarkt eingesteigen und bald Produte um eine Milliarde Euro pro Jahr exportieren. Der Herr auf dem Bild etwa vertritt 5.000 Bauern und hält das Milliarden-Ziel für realistisch.

(derStandard.at, 19.2.2012)