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Als touristische Einrichtungen sei der Sinn mancher "geistloser" Festivals daher, wie Helga Rabl-Stadler meint: "feste spielen".

Wien - Am Anfang waren die Salzburger wenig erfreut, dass Max Reinhardt mit seinen Kollegen Festspiele initiierte. Sie fürchteten, dass die Künstler den Touristen alles wegessen würden. Aber das war vor mehr als 90 Jahren.

Längst hat man die Bedeutung für die Fremdenverkehrswirtschaft erkannt: Das Festival erhält über den Tourismusförderungsfonds 2,7 Millionen Euro pro Jahr. Präsidentin Helga Rabl-Stadler betont denn auch immer wieder, dass die Festspiele nicht nur künstlerischer, sondern auch ökonomischer Motor der Region sind. Die Gastronomie profitiere ganz besonders: " Während die durchschnittliche Aufenthaltsdauer eines Städtetouristen nur 1,8 Tage beträgt, bleibt der Festspielgast rund 7,2 Tage in Salzburg."

Das Salzburger Modell lässt sich zwar nicht kopieren, weil die Festspiele unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg als Friedensprojekt gegründet wurden. Festivals aber gibt es mittlerweile allerorts. Als ehemalige Unternehmerin könne sie, sagt Rabl-Stadler, nichts dagegen haben, "wenn man eine erfolgreiche Wirtschaftsidee verfolgt". Aber sie findet die Konkurrenz "zum Teil wahnsinnig geistlos": Der einzige Sinn dieser Festspiele sei "feste spielen", um eine Tourismuslücke zu füllen.

der Standard stellt eine Auswahl in der Grafik oben vor; nicht aufgenommen wurden alle jene Sommertheater, die nur ein einziges Stück spielen, sich aber "Festspiele" nennen. Interessant sind die großen Unterschiede z. B. beim Eigendeckungsgrad: Der Carinthische Sommer erwirtschaftete 2011 nur 35,1 Prozent selbst, die Styriarte kam auf 55,1 Prozent und das Kammermusikfestival Lockenhaus auf 70,5 Prozent.

Auch Peter Loidolt, Intendant und Bühnenbildner in Reichenau, bezeichnet die Bedeutung seiner Festspiele für den Tourismus als "gewaltig": "Wir sind im Sommer ein großer Impuls für das Rax- und Semmering-Gebiet." Die Festspiele Reichenau finanzieren sich zu 85,8 Prozent selbst. Und "was die öffentliche Hand an Subventionen hergibt, kriegt sie vierfach zurück" , so Loidolt selbstbewusst.

Karl Pramendorfer von Oberösterreich Tourismus meinte unlängst in der Fachzeitschrift ÖGZ: "Sommerfestivals sind eine absolute Bereicherung." Man forciere "Maßnahmen zur Vernetzung von Kultur und Tourismus". Und die Tiroler Kulturlandesrätin Beate Palfrader bringt es rural auf den Punkt: "Kultur ist Dünger für den Tourismus." Mit diesem Satz wird sie von Juliane Alton in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Kulturrisse zitiert. In diesem beschreibt Alton, dass neuerdings nicht nur kulturelles Erbe und bestimmte Festivals tourismusrelevant seien, sondern dass sich Tourismusverantwortliche " verstärkt für Formen und Angebote der Kultur, wie Kulturinitiativen sie hervorbringen", interessieren würden. Denn eigenständige Positionierungen könnten, so die auf Kulturtourismus spezialisierte Innovationsagentur Invent, "von Billigdestinationen des Ferientourismus nicht nachgeahmt werden".

Alton fragt sich, ob es dann nicht gerechtfertigt sei, dass der Tourismus Mittel für Kultur beisteuere - und nicht nur für Schneekanonen. Denn meist blitzen Kulturschaffende bei Tourismusverbänden ab. In Gmunden hingegen hat man die Bedeutung der Salzkammergut-Festwochen erkannt: Intendantin Jutta Skokan bekommt Geld auch von der Ferienregion Traunsee. "Hier regnet es oft", sagt Skokan. " Und dann sind die Touristen froh, dass es ein vielfältiges Programm gibt." (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 14./15.7.2012)