Im Garten von Schloss Kammer im salzburgischen Maishofen...

Foto: M. Corti

...werden Gerichte aufgetischt, die zum größten Teil vom eigenen Hof stammen.

Foto: M. Corti

Der Hof steht so feudal und massiv da, dass sich über die Jahrhunderte der Begriff "Schloss" für das Gut Kammer in Maishofen bei Zell am See eingebürgert hat. Seit 1785 ist er in der Hand von Familie Neumayer, die ihn mittlerweile in achter Generation bewirtschaftet.

Das allein wäre noch nicht so besonders. Mächtige Bauern sind hierorts ja die Regel - wenn auch leider nicht auf Höfen, deren Substanz über die Generationen derart aufmerksam gepflegt wurde. Es ist die Art, wie hier Landwirtschaft betrieben wird und wie die Produkte des Hofes in die Gastronomie einfließen, die diesen Ort so speziell machen.

Dabei scheint alles so einfach: Die Mutter steht in der Küche, Töchter und Schwiegertöchter schupfen den Service und den weitläufigen Gemüsegarten, während Vater und Söhne die Viecher auf der Weide (!) und auf der Alm überhaben. Für die Rinder auf Schloss Kammer gilt ausschließlich Mutterkuhhaltung, was bedeutet, dass die Milch nur für die Kälber da ist. Die 50 Lämmer und Schafe sind den Sommer über auf der Alm, in diesem Fall hoch über Fusch an der Glocknerstraße. Gegessen wird in einer der unverfälscht erhaltenen Stuben oder im Garten. Wenn nicht der Pfarrer gerade den besten Platz unterm Birnbaum an der Hausmauer innehat, um Nachmittagskaffee samt ofenfrischer Erdbeerroulade zu verzwicken, darf man gerne auch da Platz nehmen.

Urpinzgauerische Bauernspeisen

Zu essen gibt es, was der Hof hergibt, auf kompromisslos lokale Weise verkocht. Wer auf den im Heu gebackenen Lammschlögel oder die im Ganzen gebratene Kalbshaxe (Bild) spitzt, muss halt einen Tag vorher anrufen, damit alles entsprechend vorbereitet ist. Dasselbe gilt für urpinzgauerische Bauernspeisen wie Nidei (eine Art in Butter gebratene Gnocchi mit Sauerkraut) oder die grandiosen Pinzgauer Bladln. Bei dieser alpinen Variante der indischen Samosas - soll noch einer den beschränkten Horizont von Bergvölkern belächeln - werden hauchdünne Roggenfladen mit Gröstl gefüllt, in Butterschmalz knusprig herausgebacken und mit Kraut aufgetragen.

Da fragt man sich dann schon, warum man solche Herrlichkeiten nicht etwas weiträumiger bekommen kann, warum die ganzen dick hergebauten Skihotels so gar nicht in der Lage sind, zumindest in ihren Küchen eine Ahnung von dem zu fabrizieren, was es mit der Tradition der Gegend auf sich hat. Dasselbe gilt natürlich für die anderen Gerichte der Karte, von Schottnocken (Spätzle mit geräuchertem Magerkäse und Röstzwiebeln) über Breznsuppe bis zum herrlich rudimentären Pinzgauer Muas, mit ordentlich in Butter gebratenen Apfelspalten und Preiselbeeren. Ach ja: Gute Weine gibt's hier auch. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 10.8.2012)