Dass eine Vereinigung oder auch ein Klub, um als exklusiv zu gelten, seine Zugangsbedingungen schärft, ist in der sogenannten besseren Gesellschaft kein unbekannter Vorgang. Sollte das, was besagter Klub anzubieten hat, auch attraktiv genug sein, wird es sich wohl um eine Erfolgsstrategie handeln.

Die Frage jedoch ist, ob dieses Vorgehen auf Bereiche übertragen werden kann, in denen keine Privilegien zelebriert, sondern Sicherheiten und Rechte gewährt werden - so wie es bei Einbürgerungen in Österreich der Fall ist: Wer Österreicher wird, erwirbt damit die Sicherheit, selbst samt Kindern und Kindeskindern ein für alle Mal in Österreich ein Aufenthaltsrecht zu besitzen.

Und er oder sie erhalten das Recht, auf allen politischen Ebenen mitzubestimmen: per Wahlrecht, bei dem es sich, wie Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz vor wenigen Wochen im STANDARD-Interview sagte, um ein "Goodie" handelt.

Hier widersprechen Experten wie der Migrationsforscher Rainer Bauböck. Sie warnen davor, die Trauben allzu hoch zu hängen. Je strenger das Einbürgerungsrecht, desto größer die Gruppe der vom Wahlrecht Ausgeschlossenen - und desto weniger repräsentativ die Demokratie in der Einwanderungsgesellschaft, argumentieren sie. Ein berechtigter Einwand.

An diesem Problem nun wird auch der Vorschlag zum Staatsbürgerschaftsgesetz neu nichts ändern, den Kurz am Wochenende per Kronen Zeitung kommuniziert hat. Denn sein auf das Prinzip "Einbürgerung durch Leistung" abzielende Dreistufensystem orientiert sich an einem Exklusivitätsdenken, das den Beitritt zum Klub vielen, die vor der Pforte warten, für immer verwehren kann.

Sollte etwa für den Erwerb des Ösi-Passes nach langen zehn Jahren tatsächlich "Deutsch auf Mittelschulniveau" unabdingbar sein, so bleibt wohl eine ganze Reihe Menschen, die erst als Erwachsene in Österreich alphabetisiert wurden und daher Deutsch nur auf Alltagsniveau beherrschen, unberücksichtigt; auch beim Wählen. Und die offenbar unverändert hohen Einkommenshürden werden Bezieher von Niedrigeinkommen ausschließen, so wie bisher schon.

Und dennoch ist dieser Entwurf, der jetzt mit der SPÖ erst im Detail verhandelt werden muss, auch zu loben: zum Beispiel wegen der geplanten Beseitigung des Missstands, dass auch eine bereits zugesagte Staatsbürgerschaft verwehrt werden kann, wenn der Einbürgerungswillige den Job verliert. Warum jedoch etwa im Fall von Menschen, die fälschlicherweise als Österreicher gelten, dieser Irrtum 15 Jahre lang bestehen muss, um die Staatsbürgerschaft bedingungslos zu verleihen, ist unverständlich. Härtefälle sind hier schon wieder programmiert.

Werte hingegen soll die neue Rot-Weiß-Rot-Fibel vermitteln, die derzeit vom Integrations-Expertenrat im Innenministerium erarbeitet wird. Die Fibel-Inhalte sollen in die künftigen Staatsbürgerschaftstests einfließen, die bisher vielfach wegen ihrer Lebensfremdheit kritisiert wurden.

Doch auch, wenn grundsätzlich zu loben ist, dass es bei dieser Prüfung künftig weniger um historische Schlachten, sondern um "Grundlagen des Zusammenlebens" gehen soll. Dass diese just aus der Verfassung extrahiert werden, die von Politikern per Verfassungsgesetzbeschluss so gern gebeugt wird, wenn sie in ihrer Grundrechtsorientierung Kanten beweist, ist zumindest bemerkenswert. (Irene Brickner, DER STANDARD, 29.10.2012)