"The Last Guardian" wurde bereits 2009 angekündigt. Fans werden noch länger auf das nächste Werk der "ICO"- und "The Shadow of the Colossus"-Schöpfer warten müssen.

Foto: Sony

Von "Agent" hat man seit drei Jahren nichts mehr gehört. Dies ist der einzige Screenshot, der bislang an die Öffentlichkeit gelangte. Wenngleich nicht auf offiziellem Wege. 

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Die nächste Konsolengeneration zeichnet sich bereits am Horizont ab und dabei warte ich immer noch auf einige Spiele, die für PlayStation 3 und Xbox 360 erscheinen hätten sollen. Ein Interview der französischen Videospielseite Jeuxvideo weckte alte Enttäuschungen in mir. Shuhei Yoshida, Chef der Sony World Wide Studios, gestand darin ein, dass "The Last Guardian" vielleicht auch 2013 nicht erscheinen wird. Seit vier Jahren warte ich wie auf Nadeln sitzend auf dieses Werk. Auf dieses Abenteuer, das mich in eine fantastische Welt und eine mitreißende Geschichte rund um einen jungen Helden und die Freundschaft zu einer gigantischen Bestie entführen soll. Wo bist du, du Nicht-Shooter, Nicht-Konservenfutter, du Spiel gewordenes Kunstwerk? Weshalb kann ich dich nicht heuer unter den Weihnachtsbaum stellen, sondern wieder nur irgendeine Fortsetzung der Fortsetzung? So viel Enttäuschung, aber immer noch mit ein wenig Hoffnung.

Leere Versprechungen

Und wenn ich etwas tiefer in den Wunden der Spielerseele bohre, multipliziert sich dieses Ärgernis. Wo ist "Agent" geblieben? 2009 angekündigt, versprach Rockstar Games Spieler mich auf "einen paranoiden Trip durch die Welt der Spionage und politisch motivierten Attentate zur Blütezeit des Kalten Krieges, Ende der 1970er-Jahre" zu schicken. Also praktisch ein "Grand Theft Auto" mit KGB- und CIA-Allüren. Düsterer, vielleicht sogar cooler. Ein bisschen zumindest. So glanzvoll es mit einem grenzgenialen Logo auf der E3-Bühne auftauchte, so trist verschwand es wieder in der Versenkung. Nächstes Jahr erscheint nun "Grand Theft Auto 5" und erinnert mich bei allen sündigen Reizen ein weiteres Mal daran, welches Spionagedrama mir auch deshalb verwehrt wurde. First World Problems.

Übersättigung

Die Verdrossenheit ist möglicherweise in einem Gefühl der Übersättigung begründet. Jedes Jahr erscheinen dutzende gute Spiele und tatsächlich wird die abgelieferte Produktionsqualität immer höher, weil es zunehmend schwerer wird, sich an der dünnen Spitze der Verkaufscharts zu behaupten. Doch gleichzeitig sinkt damit die Bereitschaft für Experimente. Große Herausgeber mit Anlegerverantwortung trauen sich immer seltener von bewährten Konzepten abzuweichen. Konsumenten kaufen offenbar so und so nur das, was sie schon kennen. Für langjährige Spieler wie mich stellt sich dadurch leider nur noch in wenigen Fällen ein Gefühl der Vorfreude ein. "Modern Warfare" konnte mich auch noch begeistern, für den Schnelldurchlauf durch "Modern Warfare 3" musste ich mich schon künstlich motivieren.

Fluchtversuche

Ich habe mich daher zunehmend nach kreativeren Substitutionsmitteln umgesehen und mein Glück vermehrt in Indie-Games gefunden. Die Branche hat sich anscheinend dazu entschieden, die Experimente auf kleinere Kicks auszulagern. Doch so gern ich mich in "The Journey", "Bastion" oder "Hotline Miami" auch verlor, mich dürstet es nach einem neuen Abenteuer im Großformat. So selten hat man bei Blockbusterproduktionen noch das Gefühl, etwas besonderes zu Erleben, Teil einer unbekannten Erfahrung zu werden. Und obwohl sie nicht perfekt waren, sind mir auf diese Generation zurückblickend Spiele wie "Heavy Rain" oder "L.A. Noire" vielleicht präsenter als ein "Battlefield 3" oder "Halo: Reach". Ich sehne mich nicht nach einem neuen Kapitel, ich will ein neues Buch aufschlagen. Ich will das nächste, seit sieben Jahren zur Revolution perfektionierte "Half-Life", erspart mir "Episode 3".

Tabula Rasa

Meine Hoffnungen für diese Generation haben sich auf eine Hand voll kommender Werke reduziert. "Grand Theft Auto 5" muss glänzen, genauso wie "The Last of Us". Sollte es tatsächlich erscheinen, könnte "Watch Dogs" für einen Paukenschlag sorgen. Soweit ich mich vorab davon überzeugen konnte wird auch die Wii U für viele unterhaltsame Spieleabende sorgen, das große Abenteuer für Single-Player ist noch (!) nicht in Sicht. Behalten Sie vorerst vor allem "Nintendo Land" im Auge. Die radikalen Sprünge, so fürchte ich, werden vermutlich aber erst mit PlayStation 4 und Xbox 720 gewagt. Denn der Start einer neuen Konsolengeneration ist genau jener Zeitpunkt, an dem die Studios frische Ideen präsentieren und den Spatenstich zu neuen Franchises setzen können.

Auf welche kommenden Werke freuen Sie sich am meisten? (Zsolt Wilhlem, derStandard.at, 10.11.2012)

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