Bild nicht mehr verfügbar.

Kritik an der Deutschen Bank wird nicht lange auf sich warten lassen. Das Geldhaus soll Kunden bei der Steuervermeidung geholfen haben.

Foto: epa/armer nicolas
Grafik: Standard

Medien aus aller Welt haben einen Datensatz immensen Ausmaßes über geheime Steuerschlupflöcher und dubiose Briefkastenfirmen rund um den Globus ausgewertet. Die 2,5 Millionen Dokumente enthalten Daten von 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern, darunter Politiker, Unternehmer, Oligarchen, Waffenhändler und Spekulanten. Dabei geholfen haben, das Geld steuerschonend zu verstecken, soll ihnen auch die Deutsche Bank. Nach Recherchen des NDR und der "Süddeutschen Zeitung" hat der Finanzkonzern über seine "Niederlassung in Singapur mehr als 300 Firmen und Trusts in mehreren Steueroasen gegründet, größtenteils auf den Britischen Jungferninseln".

Die EU-Kommission drängt in einer ersten Reaktion auf eine bessere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten. Sie sollten Steuerparadiese besser identifizieren und auf "Schwarze Listen" setzen. Pikant dabei ist, dass sich auf der maßgeblichen OECD-Liste kein einziger Staat mehr findet. Es gibt laut OECD keine Steuerparadiese mehr. Der deutsche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fordert daher etwa, die bei Steuerbetrug helfenden Banken direkt zu bestrafen.

Deutsche Bank dementiert

Die belastete Deutsche Bank, eine der größten Banken der Welt, weist indes die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück. Weder Steuerberatung noch etwaige Dienstleistungen rund um die "Firmengründung in Steueroasen" biete man an, erklärte ein Sprecher der Bank der "Süddeutschen Zeitung", nur um nachzuschieben: "Die Deutsche Bank hat umfangreiche Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass die Produkte und Dienstleistungen der Bank zu Zwecken der Geldwäsche missbraucht werden können."

Ganz anders mutet das auf der Website dboffshore.com an, wo die Frankfurter bei "anspruchsvollen Kunden" für ihre Offshore-Dienste werben. Die Steueroase Mauritius böte etwa "eine steuer-neutrale Umgebung" mit "solider Reputation". Laut der Bank sollen heute mehr als 200 Leute vor Ort arbeiten, vor fünf Jahren waren es noch fünf.

Mastermind aus Neuseeland

Das "Offshore Leaks" genannte Datenkonvolut - gemessen an den Gigabytes ist der Datensatz 160-mal größer als jener der Wikileaks-Affäre aus dem Jahr 2010 - listet zudem detailliert auf, dass die Berater der Niederlassung in Singapur die "Firmen mit Hilfe des Dienstleisters Portcullis TrustNet registrieren ließ", wie die Süddeutsche berichtet. Die unter anderem auf Samoa, Mauritius und auf den Seychellen niedergelassene Portcullis TrustNet bietet seinen Kunden allerhand. Die Angebote reichen von einer einfachen Firma, in der Geld "geparkt" werden kann, bis hin zu komplizierten Geflechten aus Stiftungen und Firmen, die unter Umständen dabei helfen, die Identität der Geldgeber sowie Herkunft und Verbleib der Gelder zu verschleiern.

Das weltweite Geschäft von Portcullis würde laut NDR nicht ohne die Zusammenarbeit mit renommierten Banken und Finanzhäusern funktionieren. Neben der Deutschen Bank gehören unter anderem Credit Suisse und UBS zu den Geschäftspartnern von Portcullis sowie die Unternehmensberater PricewaterhouseCoopers, Deloitte und KPMG.

Österreich beunruhigt

In den "Offshore Leaks"-Daten sollen sich auch mehrere Österreicher befinden, berichtet die ORF-ZiB. Namen wurden, bis auf jenen der Neo-Österreicherin Denise Rich, nicht genannt.

Allein in der Schweiz sollen Österreicher laut Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter 16 bis 20 Milliarden Euro Schwarzgeld bunkern. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder will das so nicht stehen lassen, ruft aber die Staaten in die Pflicht. Eine Summe der Steuerhinterziehung in Österreich zu schätzen sei "Kaffeesudleserei". Niemand könne abschätzen, wie hoch die Steuerflucht insgesamt sei. Die Oasen würden aber durchaus auch von der internationalen Staatengemeinschaft geduldet und auch angeboten - "zu unserem Entsetzen", wird Wirtschaftstreuhänder-Chef Klaus Hübner von der Austria Presseagentur zitiert.

Das Deutsche Bundesfinanzministerium hat die beteiligten Medien - 38 an der Zahl - um die Unterlagen gebeten. Die Behörden könnten dann zügig Ermittlungen aufnehmen und entsprechende Verfahren einleiten.

Banken-Mithilfe nötig

Bis zu einem Verfahren ist es aber ein weiter Weg. Werden keine Dokumente geleakt, wie in diesem Fall, bleibt der Geldfluss meist im Verborgenen. Für Steuerfahnder seien Gesetzesverstöße deshalb "sehr selten zu ermitteln", betont der frühere Sachgebietsleiter der Steuerfahndung Frankfurt, Frank Wehrheim, zum NDR. Die Kunden hätten konkrete Vorstellungen, also würden sie von den Banken bedient. Wehrheims Vorwurf: "Strenggenommen - wenn man diese Beratung hören würde - ist sie lupenreine Beihilfe zur Steuerhinterziehung."

Gunter Sachs unter den Prominenten

Der prominenteste Fall unter den hunderten deutschen Steuertricksern ist der 2011 verstorbene Industriellenerbe Gunter Sachs. Er soll vor seinem Ableben Teile seines Vermögens in Firmenkonstrukte gesteckt haben, die ihren Sitz in Steueroasen wie den Cook-Inseln im Südpazifik und in Panama haben. Seine Nachlassverwalter weisen das zurück. Sollten allerdings doch Steuern hinterzogen worden sein, könnte das für die Erben des einstigen "Playboys" Nachzahlungen zur Folge haben.

Er ist damit nicht allein. Die älteste Tochter des ehemaligen philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, Maria Imelda Marcos Manotoc, soll den Dokumenten zufolge Trusts auf den Britischen Jungferninseln besitzen und sie verschwiegen haben. Die philippinischen Behörden wollen nun ermitteln, ob dort Teile der fünf Milliarden Dollar geparkt waren, die Marcos durch Korruption anhäufte und mit denen er in den 1980er Jahren das Land verlassen hatte. 

Weiters berichtet die Zeitung von zwei Briefkastenfirmen des Wahlkampfmanagers von Frankreichs Präsident François Hollande, Jean-Jacques Augier, auf den Cayman-Inseln.

Immense Steuerverluste

Ins Rollen brachten die "Offshore-Leaks" zwei geheime Informanten. Sie sandten die Unterlagen vor einem Jahr auf einer Festplatte per Post dem Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) zu.

Die Reichen der Welt haben einer Studie des Tax Justice Network aus dem Jahr 2012 zufolge Finanzvermögen von 21 bis 32 Billionen Dollar (bis zu 26.230 Milliarden Euro) in Steueroasen gebunkert. Dadurch seien den Staaten Einkommensteuern in Höhe von bis zu 280 Milliarden Dollar entgangen. (ch/rb/sos, derStandard.at, 4.4.2013)