Weltweit arbeiten schätzungsweise zwischen 50 und 100 Millionen Menschen als Hausangestellte (Angaben laut der Internationalen Arbeitsorganisation ILO bzw. dem International Domestic Workers' Network). In den meisten Fällen sind Hausangestellte informell tätig und von den nationalen Arbeitsgesetzen ausgeschlossen - sie besitzen weder die gleichen Rechte und noch den selben Schutz wie andere ArbeitnehmerInnen. Die Ausbeutung von Hausangestellten ist großteils unsichtbar: Besonders lange Arbeitszeiten, unregelmäßige Zahlung von Löhnen, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und körperliche Misshandlungen sind keine Seltenheit.
Isoliert und unsichtbar
In den letzten Jahrzehnten hat sich der Privathaushalt zu einem der größten und am schnellsten wachsenden Arbeitsmärkte für Frauen – insbesondere für Migrantinnen – entwickelt. Immer mehr besser gestellte Haushalte, sowohl in den Industrienationen des Nordens als auch in den Ländern des Südens, greifen auf die bezahlten Dienste von (migrantischen) HausarbeiterInnen zurück, um Reinigungs-, Betreuungs- und Pflegearbeiten auszulagern.
Gerade in haushaltsnahen Dienstleistungen ist die persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber bzw. von der Arbeitgeberin besonders groß, was Ausbeutung und (sexuelle) Übergriffe erleichtert. "Domestic work" zählt zu den am geringsten geschätzten Arbeiten und ist vielfach durch geringe Bezahlung, einen hohen Grad an Isolation bei Live-in-Arbeit (Hausangestellte, die im Haus des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin wohnen) und ausufernde Arbeitszeiten gekennzeichnet.
Gewerkschaftliche Selbstorganisationen stellen somit auch einen sozialen Raum dar, der den isolierenden Tendenzen und der Unsichtbarkeit, wie sie für
die Arbeit in privaten Haushalten charakteristisch sind, entgegenwirkt und den solidarischen Austausch zwischen Hausangestellten ermöglicht. Hausangestellten-Gewerkschaften zielen insbesondere auf die Anerkennung von Hausarbeit als gesellschaftlich notwendige Arbeit und auf eine positive Umdeutung des Berufs der Hausangestellten ab.
Beispiel Brasilien
Bezahlte Hausarbeit stellt in Lateinamerika einen der größten Erwerbsfelder für Frauen dar. In Brasilien sind fast zwanzig Prozent aller weiblichen Arbeitskräfte in privaten Haushalten tätig, davon rund sechzig Prozent schwarze Frauen. Die starke sozioökonomische Ungleichheit im Land führt seitens der einkommensstarken Haushalte zu einer großen Nachfrage nach "Domésticas", während sich ein billiges Angebot an Hausangestellten aus den ärmeren Bevölkerungsschichten rekrutiert.
Die Löhne der haushaltsnahen Dienstleisterinnen gehören zu den niedrigsten am brasilianischen Arbeitsmarkt. Die Informalisierungsrate liegt bei über fünfzig Prozent – das bedeutet, dass die Mehrheit der Hausangestellten unter anderem keine Sozialversicherung hat und bestehende gesetzliche Ansprüche nur schwer durchsetzen kann.
Hausarbeit ist Arbeit
Am 16. Juni 2011 verabschiedete die ILO nach jahrelangen Debatten das "Übereinkommen über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte" ("Convention Concerning Decent Work For Domestic Workers", oder kurz "C189"). Diese Anerkennung des Haushalts als Arbeitsplatz kam vor allem durch den jahrelangen Einsatz zahlreicher Frauenorganisationen und sozialer Bewegungen zustande. Seitdem gilt der 16. Juni als International Domestic Workers' Day, als Internationaler Tag der Hausangestellten.
Mit der Konvention wurden erstmals der ökonomische Beitrag von Arbeitenden, die in Privathaushalten tätig sind, explizit gewürdigt und globale Standards hinsichtlich ihrer Arbeitsrechte formuliert. Bislang haben nur wenige Staaten die ILO-Konvention ratifiziert und damit in ihre nationalen Gesetzgebungen einfließen lassen: Bolivien, Italien, Mauritius, Nicaragua, Paraguay, die Philippinen und Uruguay.
Erst Mitte Mai ratifizierte Deutschland die Konvention: Einstimmig nahm der deutsche Bundestag den Gesetzesentwurf zu "C189" an. 2,6 Millionen deutsche Haushalte beschäftigen laut Schätzung des Deutschen Gewerkschaftsbunds regelmäßig Hausangestellte – 90 Prozent davon auf irregulärer Basis, das heißt, ohne Arbeitsvertrag, ohne Anmeldung, ohne Sozialversicherung und Steuerabgaben. Ihnen soll nunmehr besserer Schutz und mehr Rechte zukommen. (red, dieStandard.at, 14.6.2013)