Gerhard Schiller war sechs Jahre im Steirereck, jetzt hat er das Wirthaus seiner Großeltern in Sommerein wieder aufgesperrt.

Foto: Gerhard Wasserbauer/www.wasserbauer.cc

Knackiger, kurz gerösteter Karfiol wird in einer anderen Vorspeise mit Nüssen und Rucola aus dem Garten kombiniert und mit einem köstlich butterbröseligen Rehstrudel serviert.

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Der Gastraum mit flächendeckend verbauter Rustikalfichte, mit Fliesenboden in Schmutzigrosa und von ganz oben verordneter Sparbeleuchtung samt obligatem Grünstich ist nicht gerade ein Modell ländlichen Stilgefühls- da tut sich selbst der Kachelofen schwer, eine Ahnung von Gemütlichkeit aufkommen zu lassen.

Im Gegenzug aber ist der Gasthof zum Grünen Baum in Sommerein (kaum eine halbe Stunde vom Wiener Stadtzentrum entfernt) auch keine aufgemascherlte Ausflugsdestination für den wochenendlichen Belastungstest der bürgerlichen Rumpffamilie. Sondern ein gestandenes Wirtshaus, wo die Bevölkerung zecht und das Schnitzel mit Salat gerade einmal 8,50 Euro kosten darf.

Wiedereröffnung nach neun Jahren

Der Unterschied zum Normgasthof niederösterreichischer Prägung ist halt, dass Koch und Patron Gerhard Schiller die vergangenen sechs Jahre in der Küche des Steirerecks zugange war, dass er den weitläufigen Gemüsegarten ebenso nutzt wie die Streuobstwiese vor dem Haus und den alten Nussbaum (unter dem im Sommer Tische aufgestellt werden) sowieso. Ab kommendem Frühjahr soll auch der Hendlstall wieder aktiviert werden, weil die Bauernhendln, die Schiller für sein duftiges Backhendl mit Rahmgurken aus der Nachbarschaft bezieht, nicht in jener Menge verfügbar sind, die er inzwischen braucht.

Vergangenen Mai hat er das Gasthaus seiner Großeltern nach neunjähriger Schließzeit wieder aufgemacht, das Interieur wurde - vorerst - unverändert gelassen, dafür ist die Küche neu, und die Blumen auf den Tischen sind aus dem Garten. Der Hof mit Schweineställen und allem, was dazugehört, soll revitalisiert werden - die Selchkammer, in der Schiller Teile der von den Jägern angelieferten Wildschweine, aber auch allerhand Gemüse räuchert, ist da nur ein erster Schritt.

Geräucherte Pastinakensuppe

So gibt es zur Vorspeise eine Cremesuppe aus geräucherten Pastinaken, ohne Obers-Überschwang, dafür von beachtlicher Komplexität. Aber auch sonst wagt sich Schiller schon weit vor. Endiviensalat mit Topinambur und gebackener Blunzn etwa ist eine aufwändige Komposition aus samtigem Püree, knusprigen Chips und zart mit Leindotteröl und Gölles-Balsam angemachtem Salat, auf den die knusprig-cremige Blunze gebettet ist, sehr gut. Knackiger, kurz gerösteter Karfiol wird in einer anderen Vorspeise mit Nüssen und Rucola aus dem Garten kombiniert und mit einem köstlich butterbröseligen Rehstrudel serviert.

Geröstete Kalbsleber mit Erdäpfelpüree mag vergleichsweise klassisch klingen - wenn der Saft aber mit Süßholz abgeschmeckt und die Leber mit herbsüßen Trauben gepaart wird, kommt ungleich Beschwingteres heraus. Dasselbe gilt für gegrillten Karpfen, dem Hollerkoch und knackiger Wirsing Paroli bieten.

Das eingangs erwähnte Wildschwein wird in dreierlei Gestalt serviert - auf den Punkt gebraten der Rücken, pikant abgeschmeckt die Keule im Strudelblatt, geräuchert im Erdäpfelknödel die Schulter. Das Viergangmenü, wo sich aus alldem wählen lässt, schlägt mit 32 Euro zu Buche. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 27.9.2013)