Im Guten Hirten stehen die Tische auf der Wiese - so soll es sein. Auch die Küche hat sich mit der Neuübernahme gesteigert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Rund um Schwechat und den Flughafen wird es landschaftlich ziemlich schnell so, dass man anhalten und losspazieren möchte - wenn man nicht eh schon mit dem Fahrrad da ist: Uralte Alleen durchziehen die zartgewellte Landschaft, dazwischen halbverfallene Schlösser, gut durchgerostete Industrieruinen und weite Felder mit ordentlich Hecken zwischendurch. Das gefällt offenbar auch dem Wild: Allein mit den Fasanen, die hier tot am Straßenrand liegen, könnte man Jagdgesellschaften versorgen. Auf den Feldern hüpfen die Rehe in Herden, und warum Hasen auch Rammler heißen, lässt sich gerade dieser Tage bei einem Spaziergang in der Gegend von Himberg nachvollziehen.

Nur das mit dem Essengehen wird hier schnell zum Problem: An den säurebetonten Heurigen und sporadisch geöffneten Dorfwirtshäusern (jenes von Rauchenwarth etwa schließt am Samstag exakt um zwölf Uhr Mittag ...) hat sich die durchaus flüssige Kundschaft der umliegenden Reitställe und Golfclubs schnell einmal sattgegessen. Seit ein paar Wochen hält nun der traditionsreiche Gute Hirte bei Himberg unter neuer Führung geöffnet. Das extrem proper renovierte Wirtshaus existiert seit vielen hundert Jahren, in der unmittelbaren Vergangenheit aber gab es trotz des netten Hofgartens kaum Gründe, sich ausgerechnet hier niederzulassen.

Ravioli von der Kalbshaxe

Die neue Speisekarte liest sich dagegen gar nicht fad, allein die Menge der Positionen nährt den Verdacht, dass man es möglichst allen recht machen möchte. Neben gutbürgerlichen Klassikern wie Beinschinken vom Thum oder Tafelspitzsulz finden sich auch Beef Tartare vom Hochlandrind auf geeister und gelierter Kräuter-Consommé (so fein faschiert, dass es mehr einer Fleischcreme ähnelte) oder wirklich köstliche Ravioli von der Kalbshaxe samt lauwarmer Scheibe vom Kalbskopf und zart gesäuertem Bratensaftl. Der Zander auf herzhaft gesüßten Currykutteln geriet saftig, auch das Blunzengröstl mit Oktopus schaffte den Spagat zwischen Wirtshausstandard und Kreativküche. Wer keine Zeit für solche Spielereien hat, wird mit ausgelöstem Backhendl, Fiakergulasch oder Zwiebelrostbraten bedient. Marchfelder Spargel mit frisch aufgeschlagener Hollandaise war gar weichgekocht, in der Kombination mit erstklassigen Petersilerdäpfeln stellte sich aber durchaus so etwas wie sattes Frühlingsgefühl ein. (Severin Cort/Der Standard/rondo/30/04/2009)