Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Wirtshaus des Strombads in Kritzendorf wird jetzt von Ex-"Silent Cook" Patrick Müller bekocht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wiener, die noch nie bei Kritzendorf in der Donau geschwommen sind, haben stilmäßig auch sonst nicht viel zu melden. Sagen zumindest jene, die das alle Sommer ausgiebig tun. Der Wiesenstreifen zwischen dem Strom und dem ehrwürdigen, in der vorvergangenen Jahrhundertwende aus Holz gebauten Bad ist an Sommerwochenenden ein Fixpunkt jenes Teils des Wiener Gesellschaftslebens, dessen Protagonisten sich willig als Bobos bezeichnen.

Es ist auch wirklich sehr hübsch, wie man sich da in der Wiese liegend als regional verwurzelter Bohemien fühlen darf, vor sich den großen, erfrischend kühlen und nur mild miachtelnden Strom mit allerhand Schinakeln zum Nachschauen und hinter sich die anmutige Kulisse des Bades, das nicht zufällig so wirkt, als wäre es aus längst versunkener Zeit ans Ufer gespült worden - es steht mehrmals im Jahr unter Hochwasser.

Süßwasserfisch im Mittelpunkt

Lange Jahre war das zur Anlage gehörende Restaurant, auf dessen Terrasse man im Schatten alter Linden sitzen darf, nur für flüssige Nahrung wie Ribiselwein oder Frucade zu empfehlen - was aus der Küche kam, erfüllte selbst niedrigste Ansprüche nur unzureichend. Seit dieser Saison aber ist es in neuen Händen und wird durch Patrick Müller (der mit den wilden Haaren aus Silent Cooking) mit Verve bekocht. Süßwasserfisch steht im Mittelpunkt, es gibt aber auch allerhand sympathische Salate und kalte Snacks - was man halt gern hat nach dem Sonnenbad.

Die Speisen gelingen recht gut - dass aber gebackene Saiblingsfilets mit Mayonnaisesalat aus einer extratiefen Suppenschüssel gefischt werden müssen, macht aus ihnen noch kein besonders zeitgemäßes Gericht. Donaufischtopf mit Safran erweist sich als fein abgeschmeckte klare Suppe, in der viel Fisch schwimmt - konkret Filets von Karpfen und Bachsaibling. Schade halt, dass denen ein ziemlich penetranter Teich-Geschmack anhaftet.

Lauter freundliche Studenten

Beim Karpfengulasch mit kraftvollem Saftl ist davon zum Glück nichts zu merken - der Fisch ist ganz durchdrungen vom Paprika-Aroma. Wirklich gut gelingen auch die Krautfleckerln, ebenfalls eine Riesenportion, mit ganz viel und wunderbar karamellisiertem Kraut.

Unter der Woche, wenn die Terrasse nur schütter besetzt ist, funktioniert auch der Service - lauter freundliche Studenten. Am Wochenende aber, bei Vollauslastung, gerät er ziemlich schnell in tiefes Wasser. Da kommt es leider stark auf die Gunst des Zufalls an, ob die Bestellungen, irgendwann einmal, auch tatsächlich den Weg zu den jeweiligen Tischen finden. (Severin Corti/Der Standard/rondo/29/07/2011)