Südburgenländer und Magyaren wissen es: immer einen Streuer direkt bei Tisch griffbereit haben.

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Chilipfeffer aus dem Dorf Espelette im französischen Baskenland genießt unter Edelköchen geradezu mythischen Ruf. Das hängt einerseits damit zusammen, dass die hohe Kunst des guten Essens halt immer noch auf Französisch dekliniert wird, aber schon auch am ungewöhnlich feinen Geschmack, den das rötlich braune Pulver mit der begehrten Appellation d'Origine Contrôlée (A.O.C.) auszeichnet. So tiefgründig fruchtig, so zärtlich süß, so opulent facettenreich, so scharf und doch so fein kennt man das Pulver der getrockneten Schote sonst gar nicht.

Dass sich derlei Wohlgeschmack gleich gar so heftig im Preis niederschlagen muss, ist natürlich nicht so scharf. Anderseits: Für richtig guten Pfeffer aus Kambodscha, für Vanille aus Tahiti und Safran aus der Wachau wird halt auch mehr verlangt als für Dutzendware aus dem Supermarktregal. Piment d'Espelette sollte den Gerichten stets erst am Ende zugefügt werden, sein Aroma ist nämlich bei aller Schärfe (wobei: ist gar nicht so heftig) eine zarte Blume. Südburgenländer und andere Magyaren wissen, was gemeint ist: stets einen Streuer direkt bei Tisch griffbereit haben.(Severin Corti/Der Standard/rondo/19/08/2011)