Die Rochade macht nicht nur den Unzufriedenen in der ÖVP Mut, sondern auch Sozialdemokraten. Auf Wohlwollen stieß in der SPÖ der Wechsel an der Spitze des Koalitionspartners, zumal der alte Chef Michael Spindelegger und sein Adjutant Jochen Danninger erbitterte Gegner eines roten Herzenswunsches waren: neuer Vermögenssteuern, um eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer zu finanzieren.

"Hurra, morgen kommt die Millionärssteuer" wird die SPÖ - wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer sagt - auch jetzt nicht rufen können; Neo-Obmann Reinhold Mitterlehner sprach sich gleich einmal gegen eine Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuer "im engeren Sinn" aus. Über "alles andere", sagte der designierte Vizekanzler aber auch, werde er in der ÖVP diskutieren.

Welche Alternativen gibt es zu den von Mitterlehner abgelehnten Steuern? Auf der Hand läge eine Erhöhung der Grundsteuer. Dass diese anhand uralter Einheitswerte, die weit unter den realen Marktpreisen liegen, bemessen wird, stößt nicht nur auf Kritik von Experten und Institutionen wie der OECD, auch in ÖVP-Kreisen gibt es - so etwa in der Industriellenvereinigung - Verständnis für eine Anhebung. Gegner sind die stark organisierten Bauern.

Allerdings verspricht eine Erhöhung auch dann Erlöse, wenn diese schwarze Kernklientel geschont wird: Nur 3,6 Prozent der Gesamteinnahmen von 647 Millionen im Jahr 2013 stammten aus der Grundsteuer "A" für die Land- und Forstwirtschaft, der Rest aus Privatimmobilien und Vermögen. Angesichts der eklatanten Unterbewertung geht das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) davon aus, dass eine mit Ausnahmen abgefederte Reform eine Milliarde zusätzlich bringen könne, ohne große Härten zu verursachen.

Sparbuchsteuer mit Haken

Eine zweite kolportierte Möglichkeit wäre eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer (Kest), die Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller für eine taugliche Alternative zu einer Vermögenssteuer hält: Weil die Kest automatisch von den Banken abgeführt wird, kommt niemand aus, überdies wird der Ertrag und nicht die Substanz besteuert. Die SPÖ könnte ihr Gerechtigkeitsargument ebenso anwenden wie bisher: Laut einer an der Wirtschaftsuni erstellten Studie entfallen 70 bis 80 Prozent der Kapitaleinkommen auf nur fünf Prozent der Haushalte. Außerdem lässt sich hinterfragen, warum derartige Einkünfte mit pauschal 25 Prozent niedriger als Arbeitseinkommen besteuert werden.

Der Haken: Eine allgemeine Erhöhung - ein Prozent verspricht 100 Millionen an Mehreinahmen - würde auch die kleinen Sparer treffen. Dies ließe sich mit Freibeträgen verhindern, die der Einzelne bei der Steuerklärung geltend machen könnte. Dafür müsste aber das Bankgeheimnis fallen - und die Bürger müssten sich das Geld aktiv abholen. Weil dies bei bereits bestehenden Frei- und Absetzbeträgen nur beschränkt funktioniert, urteilt der grüne Finanzexperte Bruno Rossmann: "Ohne automatische Arbeitnehmerveranlagung zahlt bei einer Kest-Erhöhung die berühmte Oma mit dem Sparbuch mit."

Weiterer Nachteil: Selbst bei Freibeträgen bleibt in den Schlagzeilen die Nachricht von der höheren "Sparbuchsteuer" übrig. In SP-Kreisen gibt man sich denn auch reserviert: "Von uns stammt die Idee nicht." (Gerald John, DER STANDARD, 28.8.2014)