"Wir sind nicht die kleineren Männer", sagt Doris Schittenhelm (Mitte).

Foto: Rudolf Laresser

Linz – Von wegen wertschätzender Umgang - für Elisabeth Paruta-Teufer, Bezirksleiterin der ÖVP-Frauen Freistadt, zeuge es nicht gerade von Respekt, wenn noch vor der eigentlichen Hauptrednerin die Sessel ganz vorne schon wieder leer sind. Auch ihrer Bundesleiterin Dorothea Schittenhelm ist dies nicht entgangen, als sie zu Beginn ihrer Ausführung auf die Begrüßung an jene aus der Reihe verzichtet, "die bereits gegangen sind": Parteichef Reinhold Mitterlehner, Ministerin Sophie Karmasin, Wirtschaftsbundobmann Christoph Leitl, Seniorenbundobmann Andreas Kohl und Landeshauptmann Josef Pühringer. Zwar verzichteten sie vorab nicht auf launige Worte zum 21. Ordentlichen Bundestag der ÖVP-Frauen. Doch als im Veranstaltungssaal des Linzer Flughafens zum "Arbeitsmodus" (Mitterlehner) übergegangen wurde, blieb der Frauenbund unter sich.

Eine Szene zugleich auch Sinnbild für den Stellenwert dieser Teilorganisation innerhalb der Volkspartei? Eine Frage, die Schittenhelm in ihrer Rede indirekt beantwortete, als sie auf die Ära Schüssel und die Anzahl der Frauen in Führungsämtern in jener Zeit verwies. Danach erwähnte sie nur kurz die "Höhen und Tiefen seit 2010", die nicht nur die Frauen sondern die ÖVP allgemein seitdem durchlebt habe, um dann gleich auf die Aufbruchsstimmung mit dem Obmannwechsel zu sprechen zu kommen.

Frauen nicht "arbeitende Truppe"

So wurde beim Bundestag einstimmig der Leitantrag verabschiedet, ein Reißverschlusssystem auf allen Listen der Partei einzuführen. Denn es gibt genug Frauen, doch es sind nicht immer die, die die Männer wollen", hat Schittenhelm, selbst Bürgermeisterin, feststellen müssen. Mit der verpflichtenden Repräsentation solle verhindert werden, dass Frauen länger nur die "arbeitende Truppe" sind, sondern auch Verantwortung übernehmen. Noch vor zwei Jahren hatte sie eine Quote für überflüssig gehalten. "Wenn es etwas besser gibt – her damit", sagt die Bundesleiterin heute. Ob Quote oder Reißverschlusssystem", Mitterlehner signalisierte jedenfalls Bereitschaft "das Problem zu lösen". Bisher habe die Partei den Fehler gemacht, bei Reformplänen zuerst zu erklären, was bleiben muss. "So ist der Eindruck entstanden, die ÖVP halte immer am Status Quo fest".

Beim Thema Kindergeld überwiegt bei den ÖVP-Frauen jedoch der Eindruck vom Status Quo: Das Langzeitmodell 30 Monate für ein Elternteil und sechs Monate für den anderen, wollen sie beibehalten. Denn die Eltern sollten selbst entscheiden, was sie möchten. Zusätzlich forderte Schittenhelm aber noch (im Sinne des Leitantrages) vier Jahre Pensionsbegründung pro Kind sowie das verpflichtende Pensionssplitting. Im Gesundheitsbereich kämpfe sie für eine Gendermedizin, so sollte jedes Schwerpunktkrankenhaus eine eigene Genderabteilung erhalten, denn,"wir sind nicht die kleineren Männer".

Kampfgeist spürbar

Für ihren "Kampfgeist", den die Delegierten "eindeutig in der Rede der Bundesleiterin spürten", wie Ursual Ganzegg, eine von ihnen meinte, erhielt Schittenhelm lang anhaltenden Applaus. Wenn auch nicht mehr von den "Ehrengästen". "Das hätte sich vorige Woche beim Landesparteitag der ÖVP Oberösterreich keiner getraut, vor der Rede des LH zu gehen", sagt Paruta-Teufer. Aber wenigstens erzielte Schittenhelm bei der Wahl zur Bundesleiterin der ÖVP-Frauen mit 99,28 Prozent ein gleich hohes Ergebnis wie Pühringer als ÖVP-Landeschef. (Kerstin Scheller, derStandard.at, 11.10.2014)