Très élegant, und doch ganz nonchalant: die R&Bar, ein schöner, neuer Ort am Beginn der Lindengasse.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Frittierte, innen cremige Arancini di Riso aus schwarzem Venusreis mit einer scharfen Dipsauce sowie Hummus aus grünen Kichererbsen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Es ist ja nicht so, dass Lisa Scheid und Thomas Kiennast nicht wüssten, was mit ihrer Zeit anzufangen. Er ist gefeierter Kameramann (zuletzt österreichischer Filmpreis für Das finstere Tal), sie schupft die gemeinsamen Kinder und, keineswegs nebenbei, die Firma. Nachdem ebendiese unlängst an einen neuen Ort in Wien-Neubau umgezogen war, war da plötzlich auch ein Straßenlokal frei. Da geht noch was, dachten die beiden. Und machten ein Lokal – dass der Koch dann gleich die Angestellten verpflegen könne, war aber keineswegs das Hauptmotiv.

Sondern eher die Freude daran, noch etwas Schönes zu schaffen. Manche haben eben Energie und Spaß und Schaffenskraft für einen ganzen Haufen anderer. Im Zweifel können die dafür nur unken: Das wird nie was!

Im Fall der Rundbar, die auch R&Bar geschrieben wird, ist das unwahrscheinlich. Das intime Lokal ist mit bunt-gläserner Wand zur Küche, mit Sixties-Bar, Vintage-Stühlen und fein gesetzten, zeitgenössischen Akzenten nämlich außerordentlich hübsch geworden. Dem Wohl des Gastes wird gehuldigt, mit einer nonchalanten Hingabe, zu der eben nur wahre Amateure – Leute, die ihr Werk aus Liebe tun – fähig sind.

Ein Koch mit Händchen für gute Adressen

Beamer samt Leinwand ist auch irgendwo versteckt, ein Tisch steht auf einem Podest, das fix zur Bühne für One-Man-Shows umdeklariert werden kann: Da kommt also noch mehr, vielleicht schon bald. Was jetzt schon sicher ist: dass die Mai-Donnerstage für nachmittägliche Aperitivo-Zelebration reserviert sind, mit schicken Drinks und exquisiten Häppchen aus der Küche. Die ist zwar mit nur einem Mann besetzt, der will es dafür wissen.

Andrea Cipriano stammt aus Grado, lernte da eine Frau aus Wien kennen, die jetzt Mutter seines Kindes ist. Also Österreich, erst Taubenkobel, dann Filippou. Cipriano hat ein Händchen für gute Adressen. Zu glauben, dass die Preise angesichts solchen Werdegangs gleich einmal forsch daherkommen, wäre aber ganz verkehrt: Mehr als zehn Euro kostet in der Rundbar gar nix. Dafür gibt es beschwingtes, mit Witz und Fantasie zusammengefügtes Essen. Manches, wie die Rohkost mit fantastischer, hinterrücks fruchtiger Cashewcreme, ist offenbar als Cocktailsnack gedacht, anderes, wie eine samtige, aber gar winterdicke Topinamburcreme mit gebackenem Ei und Speckbröseln, empfiehlt sich eher als Unterlage vor dem Trinkgelage.

Kugelrund

Viel besser: Fregola, die sardische Kugelpasta, als tiefroter, zitrusduftiger Salat mit roter Rübe und Kabeljau-Ceviche. Oder krachknusprig frittierte, innen cremige Arancini di Riso aus schwarzem Venusreis mit einer rabiat scharfen Dipsauce der süchtig machenden Art (siehe Bild). Hummus gibt es auch, aus grünen statt Kichererbsen, aufgehusst mit Zitrusfrüchteöl, Joghurt und gerade genug Knofl, um auch in Erinnerung zu bleiben.

Die Portionen sind nicht übermäßig groß, aber ideal, um sich am Tisch nach Gusto durchzukosten. Wofür man Platz lassen muss: die Desserts. Da tobt der Mann sich aus. Bomba di Cioccolato zum Beispiel, eine prachtvolle, aus dreierlei Schokoladencremes zusammengefügte Köstlichkeit. Oder Torta di Mandorle mit Himbeeren, die bringt auch die Nonna nicht besser hin. Ist aber alles nichts gegen die Minestrone di Frutta e Verdure aus allerhand Südfrüchten (Mango! Maracuja!) und Gemüse. Klingt ein bissl irr, aber nur, bis man den Kontrast aus knackigen Karotten, Fenchel, Sellerie und der wild frischen Aromenkonzentration der Früchte gekostet hat. Prack, ist das gut! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 30.4.2015)