Ministerien fördern ÖH-Fraktionen: Karmasin, Mitterlehner.

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Wien – Wenn Firmen in Medien inserieren, dann versuchen sie in der Regel mit möglichst wenig Geld möglichst viele potenzielle Kundinnen und Kunden zu erreichen. In der Politik scheint das mitunter etwas anders gehandhabt zu werden, wie die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der grünen Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer zu Inseratenschaltungen in Medien von ÖH-Fraktionen zeigt.

Maurer wollte von allen Ministerien wissen, ob sie seit Dezember 2013 in Medien von ihnen politisch nahestehenden Fraktionen der Österreichischen HochschülerInnenschaft Inserate geschaltet beziehungsweise ob diese Fraktionen von ihnen direkte finanzielle Unterstützung erhalten haben.

Geld für ÖH-Wahlkämpfe

Denn, so schreibt die Grüne in der Begründung der Anfrage selbst: "Traditionell inserierten ÖVP-Minister_innen in den Medien der Aktionsgemeinschaft (AG), SPÖ-Minister_innen in jenen des Verbands sozialistischer StudentInnen (VSStÖ)" – eine "für die wahlwerbenden Fraktion willkommene Finanzierung ihrer Wahlkämpfe", so Maurer, wenngleich es inakzeptabel sei, "dass öffentliche Gelder zur indirekten Finanzierung wahlwerbender ÖH-Fraktionen verwendet werden".

Spendierfreudig waren gemäß Anfragebeantwortung nur zwei Ministerien, konkret die ÖVP-geführten für Wissenschaft und Forschung sowie für Familie und Jugend. Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner und Sophie Karmasin, als formal Parteifreie im ÖVP-Regierungsteam, sind die zwei einzigen Ressortchefs, die eine ÖH-Fraktion mit einem Inserat unterstützt haben – nicht irgendeine, sondern die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft.

Die SPÖ-Ministerriege hat laut Anfragebeantwortung je Ministerium keine ÖH-Fraktion, also auch nicht die rote Studierendenfraktion VSStÖ, mit Inseraten unterstützt.

Schwarzer Taschenkalender

Beide ÖVP-Ministerien, die die AG inseratentechnisch bedachten, machten für jeweils ein Inserat je 3.000 Euro locker. Das Wissenschaftsministerium informierte, so heißt es in der Anfrage, im Taschenkalender für Studierende der AG über "Das Profiwerkzeug fürs Studium". "Damit wurde in einem zielgruppenadäquaten Medium über Serviceangebote für Studierende informiert", steht in der Anfragebeantwortung. Auf diese Art wurde eine Kalenderauflage von 15.000 Stück mit Inseraten bestückt.

Ebendiesen Taschenkalender der AG finanzierte dann auch das Familienministerium, und zwar mit einem "Inserat betreffend Familienbeihilfe neu".

Karmasin hatte zu Jahresbeginn, wie DER STANDARD berichtete, eine 20-seitige Beilage in der "Kronen Zeitung" ausschließlich in ÖVP-regierten Bundesländern geschaltet. Kostenpunkt: 99.850 Euro netto exklusive Werbeabgabe und exklusive Mehrwertsteuer. Karmasins Begründung für diese selektive Auswahl war, dass nur diese Länder Anfang Mai ein Familienfest in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium veranstaltet hätten, das beworben werden konnte.

Keine Inserate für ÖH-Magazin "Progress"

Maurer sagt im STANDARD-Gespräch zu den Ministeriumsinseraten im AG-Kalender: "Es ist völlig inakzeptabel, dass öffentliche Gelder der ÖVP-geführten Ministerien in die Wahlkampfkassen der parteieigenen ÖH-Fraktion gespült werden."

Selbst wenn 3.000 Euro für ein Ministerium vielleicht "nicht so viel Geld" seien, "6.000 Euro für eine ÖH-Fraktion sind doch recht viel Geld", sagt Maurer und fragt sich, warum die zwei ÖVP-Ministerien statt den AG-Taschenkalender mit einer Auflage von 15.000 nicht das offizielle Magazin der ÖH namens "Progress" gewählt haben, um mit Steuergeld über die Segnungen von "Profiwerkzeug fürs Studium" und die neue Familienbeihilfe breit zu informieren – dieses hat nämlich eine Auflage von 120.000 und wesentlich mehr Studierende erreicht. (Lisa Nimmervoll, 27.8.2015)