Christoph Leitl teilte sich mit dem wahlwerbenden Andreas Khol die Bühne.

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Perchtoldsdorf – Zu Beginn durfte Andreas Khol ans Mikro. Der versprach, während er um "Hilfe und Unterstützung" der anwesenden Wirtschaftsbündler warb, er sei keiner, "der im Schlafwagen in die Hofburg hineinfährt". Soll an diesem Mittwoch auf die potenzielle Wählerschaft des schwarzen Präsidentschaftskandidaten zugeschnitten vor allem heißen: "Ich will mithelfen, dass das schleichende Absinken des Wirtschaftsstandortes gestoppt wird."

Was fast ein wenig an die Beschreibung "abgesandelt" von vor drei Jahren gemahnte, brachte deren Urheber, Wirtschaftsbundchef Christoph Leitl, bei seiner diesjährigen Aschermittwochsrede vergleichsweise sachlich zur Sprache. Er beklagte die hohe Arbeitslosigkeit, das "unterdurchschnittliche Wirtschaftswachstum" und gleichzeitig "gehen die Investitionen zurück".

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Drei Minuten hatte Leitl dem wahlwerbenden Khol die Bühne geliehen. Um eine gute halbe Stunde später quasi den Anschlusszug zu nehmen: "Man hat unsere Leute, die gut eingestiegen sind, in den Schlafwagen eskortiert", befand Leitl in Anspielung auf das schwarze Regierungsteam und empfahl: "Sollen sie umsteigen in den ICE. Wenn der eine schwarze Farbe hat, soll's mir auch recht sein."

Als Empfehlung für schwarz-blau will Leitl das auf Nachfrage nicht verstanden wissen. Es gebe ja auch Minderheitsregierungen. Eh. Aber derzeit steckt die ÖVP noch mitten in einer Regierung mit der SPÖ. Und an deren Zusammenarbeit hat der Wirtschaftbundchef so manches auszusetzen:

Wo etwa ein neuer Handwerkerbonus bleibe, wann endlich erkannt werde, dass die lange bekämpfte Registrierkassenpflicht zumindest "praxisgerecht" sein müsse? Leitl fallen keine plausiblen Antworten ein, also erwägt er fast schon selbstkritisch: "Manchen wir etwas falsch? Oder warum stoßen wir auf taube Ohren?"

Was die leidige Kasse anlangt, deren Untauglichkeit Leitl anhand einer Anekdote vom Schulbuffet demonstrieren will, lässt er jedenfalls ausrichten: "Es ist wichtig, dass wir hier nicht Beamtenentscheidungen, sondern endlich einmal Chefentscheidungen haben".

Vermisste Integrationsbemühungen

Aprospos: Auch was den Umgang mit Flüchtlingen anlangt, sieht Leitl Verbesserungsbedarf in der rot-schwarzen Zusammenarbeit. Zwar wolle man der Politik "nicht dreinreden, wer kommt". Und nur am Rande sei erwähnt, "die österreichischen Frächter zahlen ein bis zwei Millionen Euro pro Tag für die Grenzbehinderungen, die es schon bislang gibt". Aber: "Was ist mit denen, die herinnen sind?" will Leitl wissen und befindet: "Die überlassen wir derzeit sich selbst."

Integrationsminister Sebastian Kurz hatte bei der gerade gemeinsam absolvierten Balkanreise offenbar anderes zu tun, als Leitl von seinen Integrationsbemühungen zu überzeugen. Also endet auch bei diesem Thema die Aschermittwochsbilanz in einer Warnung: "Wir züchten uns gesellschaftliche Zeitbomben heran."

Gelingende Integration

Der Wirtschaftsbundchef wiederholt drei Vorschläge, die man sich für eine gelingende Integration von Flüchtlingen überlegt hat: Gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice sollen junge Menschen die Möglichkeit haben, einen Lehrberuf zu erlernen ("Keine Angst, nur in den Bereichen, wo es andere nicht wollen"). Betrieben soll mittels finanzieller Beihilfe die Beschäftigung von Asylberechtigten schmackhaft gemacht werden – übrigens eine Maßnahme, auf die sich Rot und Schwarz bereits im vergangenen September bei einer Klausur geeinigt hatten. Und drittens: das Sozialjahr. Könnten Flüchtlinge ein solches absolvieren, sei allen geholfen, glaubt Leitl. Wie er überhaupt findet: "Ich sehe die Problematik nicht in der Migration, sondern mehr in der Dynamik der Migration."

Und noch einmal appelliert Leitl: "Das alles müssen wir machen, nicht nur reden darüber." Sicherheitshalber wird es auch im kommenden Jahr wieder eine Aschermittwochrede von ihm geben. (riss, 10.2.2016)