Beide arbeiten hart, beide sind auffallend direkt, und zwei gefürchtete Landeshauptleute stehen jeweils hinter ihnen: Regierungsintern sollen die schwarze "Mi-Lei" und ...

Foto: Matthias Cremer

... der rote "Dosko" zum wichtigsten Sicherheitsgespann der Republik hochstilisiert werden – und zu dem Zweck wurde ein "Nichtangriffspakt" geschmiedet, heißt es.

Foto: Matthias Cremer

Wenn Hans Peter Doskozil vor die Truppen des Bundesheers tritt, hat sein Habitus noch viel vom pannonischen Obersheriff aus ruhigen Tagen. Der neue Verteidigungsminister, bei solchen Anlässen mitunter in Jeans anzutreffen, schreitet nicht die Reihen ab, er schlendert. Seine Reden an die strikt geradeaus blickenden Soldaten hält Doskozil aus dem Stegreif, anstatt zackig zu dozieren. Und nach dem martialischen Exerzierritual will er seinen Männern, auf ganz locker, die Hände schütteln. Doch die haben vorschriftsgemäß zu salutieren.

Ganz anders machen sich dagegen die Auftritte von Johanna Mikl-Leitner mit der Exekutive aus. Die Innenministerin, stets adrett gekleidet und in hohen Stöckelschuhen, nimmt kerzengerade Haltung ein. Ihre Statements vor den Mikros sind gut einstudiert, um nicht zu sagen, auswendig gelernt. Und nach dem offiziellen Akt tätschelt Mikl-Leitner ihre Gesprächspartner, Polizisten wie Journalisten, gern am Oberarm. Egal, ob die das wollen oder nicht.

Dosko und Mi-Lei

Doch der rote "Dosko" und die schwarze "Mi-Lei", wie die beiden genannt werden, sind nur auf den ersten Blick ein ungleiches Paar. Mitten in der Flüchtlingskrise und angesichts ständiger Terrorgefahr stilisieren die koalitionären Spindoktoren den 45-jährigen Burgenländer und die 1964 geborene Niederösterreicherin zum wichtigsten Sicherheitsgespann der Republik hoch. Diese zwei sollen die Bevölkerung vor sämtlichen Bedrohungen so gut wie möglich schützen.

Bei ihrer Premiere als neues Team im Jänner sprach Mikl-Leitner im "ZiB 2"-Studio noch in schulmeisterndem Ton von "Obergrenzen" für Asylwerber, während Doskozil das Ganze da noch als bloße "Richtwerte" abtat. Doch mittlerweile passt zwischen das Ministerduo kein Blatt mehr.

Unlängst, als der Heeresminister, auch mit den Generälen schon per Du, mehr Mittel für das finanzmarode Militär einforderte, sekundierte die Innenministerin, dass es "mehr Schlagkraft" brauche. Nach dem Schließen der Balkanroute statten sie am Wochenende Bulgarien gemeinsam einen Blitzbesuch ab, um einer Verlagerung der Migrationsströme vorzubeugen.

Offene Art

Doskozil lobt die offene Art von Mikl-Leitner und ihre Handschlagqualität – und umgekehrt kommt von ihr fast wortident dasselbe. Längst haben ihre Kabinette "einen Nichtangriffspakt" geschlossen, wie ein Insider berichtet. Statt eine ihrer berüchtigten Sticheleien anzubringen, ergänzt Mikl-Leitner dieser Tage bloß: "Der Dosko kann hart arbeiten – aber man kann mit ihm auch auf einen Absacker gehen."

Schätzen gelernt haben sich der groß gewachsene Doskozil und die zierlich-zähe Innenministerin schon am 27. August 2015. Jenem Tag, an dem das ganze Ausmaß der Flüchtlingsmisere unter den Augen internationaler Kameras endgültig Österreich erreicht hat.

Bei einem gemeinsamen Termin in Nickelsdorf – Doskozil war noch burgenländischer Polizeidirektor – traf die Nachricht ein, dass auf der Ostautobahn ein abgestellter Schlepper-Lkw mit erstickten Flüchtlingen sichergestellt wurde. 71 Tote sollten es sein. Noch am Grenzübergang traf Doskozil mit seiner einstigen Chefin zum Krisenstab zusammen, um dann in Eisenstadt an die Öffentlichkeit zu treten.

Quoten und Quartiere

Unwichtig war da im Burgenland plötzlich das ewige Gequengel rund um Quoten und Quartiere. "Die Schreckensnachricht hat uns mitgenommen", erinnert sich Doskozil heute. Mikl-Leitner hält zu den dramatischen Stunden fest: "Das schweißt zusammen."

Nur wenige Tage später, als Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und seine deutsche Amtskollegin Angela Merkel (CDU) noch an einem Strang zogen, war der Name Doskozil österreichweit ein Begriff. Mit ruhiger Hand managte er in Nickelsdorf wochenlang die Politik des Durchwinkens zum großen Nachbarn, aber auch des Notversorgens der zehntausenden ankommenden Asylwerber, die hierzulande Schutz wollten.

Doch mit der Angelobung als Verteidigungsminister und dem Asylgipfel der Regierung haben Doskozil und Mikl-Leitner einen anderen Kurs eingeschlagen. Bei anhaltendem Flüchtlingsandrang will er Grundwehrdiener notfalls wie früher entlang der grünen Grenze patrouillieren lassen, obwohl er noch im Sommer die Auffassung vertrat, eine lückenlose Sicherung sei dort nicht möglich.

Abgewiesene Asylwerber möchte Doskozil mit den Transportflugzeugen des Militärs zurückverfrachten – eine alte Forderung der FPÖ. Auch Mikl-Leitner, schon lange als Hardlinerin verschrien, hat längst formuliert, was heuer im schlimmsten Fall an der Grenze droht: mehr Zäune samt Gewalteinsätzen, wenn die Lage eskaliert.

Rechtsstaat ausreizen

Ein Kenner beider Minister sagt: "Im Gleichschritt sorgen sie so für eine Militarisierung der inneren Sicherheit. Doskozil drängt das Heer zu Polizeiaufgaben – und Mikl-Leitner macht das Feld auf dafür." Doskozil sei das "bewusst, Mikl-Leitner aber eher nicht".

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer, der den jahrzehntelangen Assistenzeinsatz des Militärs im Burgenland oft als "bedenklich" gegeißelt hat, hält fest, dass sich auch durch einen neuerlichen derartigen Aufmarsch "die grüne Grenze nicht abdichten lässt".

Aber als ehemaliger Präsident des Yachtklubs Neusiedl hat Mayer Doskozil im Zuge eines Clinchs mit den dortigen Ortsvätern schon vor Jahren kennengelernt – und ist seitdem davon überzeugt: "Ich halte ihn für einen vernünftigen, sachlichen Menschen, der die Grenzen des Rechtsstaats gut kennt und auch akzeptiert."

Weitere Parallelen

Eine weitere Parallele, die sich bei Doskozil und Mikl-Leitner auftut: Er und sie wissen die für die jeweils eigene Regierungshälfte unangenehmsten Landeshauptleute hinter sich. Burgenlands Hans Niessl, der mit seiner rot-blauen Koalition in Eisenstadt den SPÖ-Vorsitzenden Faymann brüskiert hat, und den Niederösterreicher Erwin Pröll, der schon jedem ÖVP-Obmann vor Reinhold Mitterlehner das Leben schwer gemacht hat.

Niessls Gunst erwarb sich Doskozil, der in jungen Tagen als Polizeischüler nebenher Rechtswissenschaften studierte, weil er als fertiger Jurist zur Jahrtausendwende standhaft blieb. Unter Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) hatte Doskozil als FSG-Gewerkschafter und roter Gemeinderat in Grafenschachen das falsche Parteibuch, deswegen musste er vier Jahre warten, ehe er als Fremdenrechtsexperte ins Ressort geholt wurde. Später holte Niessl Doskozil wieder nach Eisenstadt, wo er zum Büroleiter des Landeshauptmannes aufstieg und danach an die Spitze der Polizei wechselte.

Die gebürtige Hollabrunnerin Mikl-Leitner wiederum, studierte Wirtschaftspädagogin, wurde von Strasser entdeckt, der sie als Landesgeschäftsführerin zur Marketingleiterin für die niederösterreichische Volkspartei machte. Mit einem Wahlkampf, in dem sie Pröll zum omnipotenten Star, dem "Lowlander", emporgehoben hat, holte sie 2003 im flachen Land die absolute Mehrheit zurück.

Belohnung

Zur Belohnung stieg Mikl-Leitner zu Prölls Soziallandesrätin auf, 2011 dann zur Innenministerin. Der Landesfürst machte ihr seither auch stets die Mauer, als die Regierung von einer einheitlichen Asyllinie noch weit entfernt war. "Ich habe das Gefühl, dass die Innenministerin in der Regierung über weite Strecken alleine gelassen wird", sagte Pröll im Sommer.

Doch längst werden Mikl-Leitner wie Doskozil auch für höhere Weihen gehandelt. Sie gilt als mögliche Nachfolgerin Prölls. Er, ebenfalls als Niessl-Nachfolger im Gespräch, wurde von einer Fangruppe auf Facebook schon als möglicher Kanzler hochgeliked. Auch in Gewerkschaftskreisen wird Doskozil bereits als Potentat für den Ballhausplatz gehandelt. Böse Zungen behaupten allerdings, dass "der Dosko am liebsten selber Innenminister" werden würde.

Der Grüne Peter Pilz prophezeit angesichts des jüngsten Hypes um die beiden grimmig: "Diesen Strache-Lookalike-Wettbewerb gewinnt weder Doskozil noch Mikl-Leitner, sondern allenfalls Sebastian Kurz." Denn: "Ein Verteidigungsminister kann kein Schatten-Innenminister und die Innenministerin nicht ständig die Hilfskraft des Außenministers sein."

Vertrauen

Laut jüngstem APA-Vertrauensindex liegt das ÖVP-Vorzeigetalent Kurz tatsächlich gleich hinter Staatsoberhaupt Heinz Fischer auf Platz zwei. Doskozil konnte sich in den wenigen Wochen seiner Amtszeit zum SPÖ-Regierungsmitglied mit den höchsten Vertrauenswerten vorarbeiten – und Mikl-Leitner holt jetzt stetig auf, liegt aber immer noch im Schlussfeld.

Werden sie also bald noch mehr Härten ankündigen? Während des Wahlkampfes im letzten Frühjahr bot Niessl seinen Polizeichef jedenfalls als Kronzeugen dafür auf, dass wegen der steigenden Kriminalität im Burgenland an öffentlichen Plätzen rasch mehr Überwachungskameras montiert werden müssen. Es blieb beim Gepolter. Bis heute ist im Innenressort von keiner pannonischen Sicherheitsbehörde je ein Antrag auf Dauerobservation eingetrudelt. (Günther Oswald, Nina Weißensteiner, 12.3.2016)