Die frühere Zweite Nationalratspräsidentin Marga Hubinek (ÖVP) wurde 90 Jahre alt.

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Wien – In ihren letzten Lebensjahren widmete sie sich nur noch dem Naturschutz – besonders dem Schutz der Natur im niederösterreichischen Kamptal. Die zierliche alte Dame wirkte kämpferisch wie eh und je, auch wenn viele ihrer Mitstreiter kaum eine Vorstellung davon hatten, wofür Marga Hubinek in ihrem Leben schon gekämpft hatte.

Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde sie zu Beginn der 1970er-Jahre, als die ÖVP die Nationalratswahl und den Anspruch auf das Bundeskanzleramt verloren hatte. Da versuchte die ÖVP-Führung, dem alles überstrahlenden Bruno Kreisky ein kompetentes Team entgegenzusetzen, und nahm in dieses Team eben auch die 1926 geborene Marga Hubinek auf. Hubinek hatte damals bereits ein knappes Dutzend Jahre im (rot dominierten) Wiener Gemeinderat hinter sich – in der Bundespolitik engagierte sie sich ab 1970 in schul- und frauenpolitischen Fragen und im immer wichtiger werdenden Umweltschutz.

Ein Schlüsselerlebnis war für sie der Besuch in der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague: Hingekommen war sie als Befürworterin des damals gerade in Bau befindlichen Atomkraftwerks Zwentendorf, zurück kam sie voller Zweifel am damals propagierten nuklearen Stoffkreislauf und der Sicherheit der Nukleartechnik überhaupt.

Wegbereiterin ökosozialer Politik

In den Oppositionsjahren der Volkspartei stieg Hubinek innerparteilich auf, unter Parteichef Alois Mock wurde sie 1980 dessen Stellvertreterin und blieb das bis 1986. Gemeinsam mit ÖAAB-Generalsekretär Walter Heinzinger, Wirtschaftsbund-Generalsekretär Wolfgang Schüssel und Bauernbunddirektor Alfred Fahrnberger entwickelte sie die Grundzüge der ökosozialen Politik, die sich die ÖVP nach und nach auf die Fahnen geschrieben hat. Das Atomthema war nach der Volksabstimmung 1978 abgehakt, nunmehr ging es um den Schutz der Wälder, des Wassers, des Bodens, der Natur – genaugenommen um eine andere Wirtschaftsweise. Die ÖVP schwankte zwischen wirtschaftsliberalen und grünen Positionen, Hubinek bezog die grünen; dies zu einer Zeit, als die Grünen noch nicht im Parlament waren.

Nach der vorzeitigen Nationalratswahl 1986 kamen die Grünen in den Nationalrat und die ÖVP bald darauf in die Regierung. Umweltministerin wurde nicht Hubinek, sondern ihre schwarze Weggefährtin Marilies Flemming – Hubinek war schon davor ins Nationalratspräsidium aufgestiegen.

"Jössas, a Weib!" war die Reaktion von Parlamentspräsident Anton Benya, als die ÖAAB-Politikerin am 19. Februar 1986 Zweite Präsidentin des Nationalrats wurde. Sie war die erste Frau in dieser Position, und sie nutzte diese wiederum für das Vorantreiben ihrer Naturschutzanliegen. Vor allem die Errichtung des Nationalparks Hohe Tauern (und damit die Rettung der Umbalfälle und des Dorfertales vor einem sinnlosen Wasserkraftprojekt) war ihr ein Anliegen.

Auch nach ihrem Rückzug aus der Bundespolitik im Jahr 1990 blieb sie politisch aktiv, nicht nur in der Umweltschutzbewegung, sondern auch als Gemeinderätin in Breitenfurt. Ihr berufliches Standbein war der Fonds der Wiener Kaufmannschaft, wo sie jahrzehntelang das Schulreferat leitete.

"Wird immer ein Vorbild bleiben"

Am 3. September dieses Jahres ist Hubinek verstorben. Ihre Partei zeigte sich ebenso wie der WWF, dessen Präsidentin sie lange Jahre war, tief betroffen vom Tod Hubineks vor rund einer Woche. "Als Vordenkerin in der Familien-, Frauen- und Umweltpolitik setzte sie richtungsweisende Akzente", sagt Parteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Hubinek sei in den 1970er-Jahren wesentlich am Zustandekommen der Familien- und Strafrechtsreform beteiligt gewesen. Schon damals habe sie "jenen wahlweisen Karenzurlaub für Väter und Mütter gefordert, der heute für viele Familien Standard geworden ist", erklärte Mitterlehner. Ihr Ableben hinterlasse "nicht nur eine große Lücke in der ÖVP-Familie, sondern in der gesamten politischen Landschaft Österreichs", sagte ÖVP-Generalsekretär Werner Amon.

"Marga Hubinek war, ist und wird für uns immer ein Vorbild bleiben", sagte ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm. "Vieles, für das sie gekämpft hat, war damals visionär und ist heute umgesetzt. Wir behalten Marga Hubinek in dankbarer Erinnerung." (Conrad Seidl, APA, 9.9.2016)