Lauschiger Innenhof, mehr als ordentliche Küche – und demnächst eine originalgetreu renovierte Lehmboden-Kegelbahn.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wildfleischknödel mit Sauerkraut – zwar ist der Erdäpfelteig wunderbar locker, dahinter aber verbirgt sich ein sparsam bemessenes Bemmerl vom Wildfaschierten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Gustav Scholda ist Arzt und hat ein weitverzweigtes Netz an medizinischen Labors aufgebaut, außerdem wickelt er den Großteil der Alkohol- und Drogentests für die Polizei im Osten Österreichs ab – ganz eindeutig ein wichtiger Mann. In der Freizeit ist er passionierter Jäger, dessen Revier auch mehrere Fischteiche umfasst, und zwar in der Nähe von Gars am Kamp, wo es, wie sonst auch, immer deutlicher an brauchbaren Wirtshäusern mangelt. Das war auch dem Arzt ein Ärgernis, nur verfügt er offenbar auch über den Willen und die Mittel, das zu ändern.

Gars hat deshalb seit ein paar Monaten den Goldenen Hirschen verschrieben bekommen, ein aufwendig renoviertes Wirtshaus mit barocker Substanz, mit hübschem, von einem uralten Weinstock beschattetem Innenhof und einer museal anmutenden Lehmboden-Kegelbahn, die demnächst wieder in Betrieb gehen soll. Dass Scholda damit auch einen Abnehmer für das Wildbret und die kapitalen Bachforellen und Saiblinge aus den reviereigenen Teichen geschaffen hat, kann wohl als erwünschter Nebeneffekt der Therapie verbucht werden.

Vom alten Wirtshaus sind eine prächtige Lamperie, frisch freigelegte, weil unter zentimeterdicken Farbschichten verborgene barocke Stuckdecken und besagte Kegelbahn erhalten geblieben, die Eichenplatten auf den alten Wirtshaustischgestellen sind aber ebenso neu wie die DSW-Stühle von Eames oder der offene Kamin und die Schank. Die Speisekarte ist klein und wechselt wöchentlich, ein paar Standards wie das unvermeidliche Schweinswiener um kulante 9,80 Euro aber gibt es ständig.

Wildkraftbouillon mit klassischen Einlagen (Frittaten, Griesnockerln oder Leberknödeln) ist ein wunderbar klarer, dichter und runder Auftakt, das Aroma legt aber nahe, dass hier nicht unwesentlich auch Rind mitverkocht wurde. Backhendl wird ausgelöst, mit Haut (aber ohne Leber) gebacken und gerät schulmäßig: Die goldbraune Panier birst wie Glas, um extrem saftiges Fleisch preiszugeben, die Zitrone ist ganz comme il faut in Gaze gebunden, dazu gibt es ideal schmierigen Erdäpfelsalat mit rotem Zwiebel – viel besser kann man das nicht zu Tisch bringen.

Bemmerl, kein G'hack

Der Rehrücken wird forsch medium rare gebraten, dazu gibt's samtiges Karfiolpüree, Erdäpfelgnocchi und Speckzwetschken, die dem butterzarten Fleisch süße Knusprigkeit entgegensetzen, sehr gut. Wildfleischknödel mit Sauerkraut gelingen nicht ganz so – zwar ist der Erdäpfelteig wunderbar locker, dahinter aber verbirgt sich ein gar festes, trockenes und sparsam bemessenes Bemmerl vom Wildfaschierten – meilenweit von jenen grandios saftigen "G'hackknödeln" entfernt, die man aus dem Mühlviertel liebt.

Der Fisch aus eigener Zucht ist an diesem Abend eine massive Bachforelle, bei der ein halbes Filet für eine ausgewachsene Portion reicht. Wie meist erweist es sich aber als nicht ideal, Zuchtfische derart lange zu mästen: Eine leichte Teichnote ist dem festen, saftigen Fleisch nicht abzusprechen – dank knuspriger, mitgebratener Rosmarinnadeln und tadellosen Schwarzwurzel-Lauch-Gemüses macht der große Fisch aber dennoch Freude.

Hinterher gibt es Brandteigkrapfen, diesen längst verschwunden geglaubten Klassiker unserer Mehlspeiskultur, gefüllt mit feiner Vanillecreme und sauren Kompottweichseln.

Und der Wein? Da wird neben ein paar "großen" Flaschen vor allem kleinen Winzern aus dem Kamptal eine Bühne geboten – wenn die ein wenig freundlicher kalkuliert wären, hätte man freilich mehr Impetus, sie auch entsprechend durchzuprobieren. (Severin Corti, RONDO, 7.10.2016)