Kanzler Kern: "Es hat in einigen Punkten Fortschritte gegeben."

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Wien – SPÖ und ÖVP sind sich nach dem jüngsten Regierungskrach Donnerstagabend bei mehrstündigen Verhandlungsrunden zur Überarbeitung des Regierungsprogramms in einigen Punkten nähergekommen. Eine Reihe von Punkten sei aber noch offen, erklärte Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern Freitagfrüh. Gegen 1 Uhr wurden die Gespräche unterbrochen und auf Freitagvormittag vertagt. Regierungsmitglieder sprachen von konstruktiven Verhandlungen, Konsens und guter Stimmung.

Etwas zurückhaltender wirkte der Bundeskanzler. Er nannte die Atmosphäre korrekt. "Es hat in einigen Punkten Fortschritte gegeben. Es ist noch einiges offen. Mir ist wichtig, dass wir am Ende ein konkretes Papier haben – mit konkreten Maßnahmen, mit konkreten Umsetzungsplänen. Es wird nicht reichen, wenn wir uns bloß in Absichtserklärungen ergehen. Ich will ein verbindliches Papier mit verbindlichen Vorschlägen, und ich will, dass am Ende alle Minister klar dazusagen, genau das ist es, so wollen wir die nächsten 18 Monate gemeinsam den Weg gehen."

"Wissen tut man's immer nur am Ende"

Ob die Koalition hält oder es zu Neuwahlen kommt, will Kern erst am Ende der Verhandlungen beurteilen. Er sei zwar optimistisch, aber "wissen tut man's immer nur am Ende", so der Bundeskanzler. "Ich habe mit dem Vizekanzler vereinbart, dass unser Ziel ist, konkret zu werden. Das müssen wir umsetzen, weil am Ende haben wir nichts davon, wenn wir jetzt auseinandergehen und sagen, wir haben uns geeinigt, und in zehn Tagen fangen Diskussionen wieder an über die Interpretation von Beschlüssen. Das möchte ich vermeiden, das hatten wir in der Vergangenheit."

Inhaltlich soll man sich beim Thema Sicherheit unter anderem auf Fußfesseln für Gefährder, eine Ausweitung der Videoüberwachung sowie stärkere Kontrollen in Zügen an Österreichs Grenzen geeinigt haben. Im Wirtschaftsbereich war von einer Annäherung bei der Abschaffung der kalten Progression, bei Forschungsprämie und Investitionsanreizen sowie einer weiteren Senkung der Lohnnebenkosten die Rede.

Sozialpartner sollen helfen

Die Materien Arbeitszeitflexibilisierung und 1.500 Euro-Mindestlohn sollen an die Sozialpartner ausgelagert worden sein. Diese sollen bis Mitte des Jahres Modelle für beide Themenbereiche entwickeln. ÖGB-Chef Erich Foglar (SPÖ) sprach sich in den Gesprächen mit der Regierungsspitze und vor Journalisten gegen Neuwahlen aus.

Ob bereits am Freitag Ergebnisse vorliegen, ließ Kern offen. "Ich gehe davon aus, dass die Zeit sehr knapp ist für das, was wir vorhaben, und es kann durchaus über den morgigen Tag hinausgehen." Zu inhaltlichen Details sagte Kern nichts, lediglich zum Komplex Sicherheit meinte er, dass eine mögliche Reduzierung der Obergrenze für Flüchtlinge ganz und gar nicht das einzige offene Thema sei. "Wir brauchen Maßnahmen, die mehr Sicherheit bringen, Maßnahmen, die dazu führen, dass wir die Zahl der Flüchtlinge, die nach Österreich kommen, reduzieren, und zwar deutlich reduzieren. Insofern muss der Innenminister hier auch einen Beitrag leisten und die Maßnahmen liefern, wie das gehen soll. Und das ist die wirklich offene Frage."

Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner gab sich nach den Verhandlungen gegenüber Journalisten nur kurz angebunden und gab keine Stellungnahme ab. Man sei mit den Verhandlungen noch nicht fertig. Ungehalten sei er gewesen, so interpretiert das so mancher. Christian Kern sieht für eine solche Stimmung aber keinen Grund, wie er gegenüber dem ORF erklärte. Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) sprach wiederum ohnedies von einer positiven Atmosphäre.

Weitere Gespräche am Freitag

Am Freitag geht es mit den noch ausständigen Fachministergesprächen ab 10 Uhr weiter. Danach soll die Sechserrunde mit Bundeskanzler Christian Kern, Kulturminister und Regierungskoordinator Thomas Drozda und Klubobmann Andreas Schieder auf SPÖ-Seite sowie Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Finanzminister Hans Jörg Schelling sowie Staatssekretär und Regierungskoordinator Harald Mahrer auf ÖVP-Seite noch einmal über das Gesamtpaket drübergehen. (APA, 27.1.2017)