Wien – Es kommt selten vor, dass die Wiener Opposition Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zustimmt: Wolfgang Seidl, freiheitlicher Bezirksobmann in der Leopoldstadt, fand es am Dienstag "erfreulich, dass das Stadtoberhaupt die Situation am Praterstern erkannt hat". Der Bürgermeister hatte sich zuvor für ein Alkoholverbot auf Bahnhöfen ausgesprochen. Man solle das diskutieren und bis zum Sommer dieses Jahres eine Entscheidung treffen, sagte er am Rande seiner wöchentlichen Pressekonferenz.

FPÖ dafür, Grüne dagegen

Die Frage nach einem Alkoholverbot auf dem Praterstern hatte vergangenes Jahr den Wahlkampf um die Bezirksvertretung in der Leopoldstadt beherrscht. Die FPÖ spricht sich bis dato vehement dafür aus, den Konsum auf dem als Kriminalitätshotspot gehandelten Bahnhof einzudämmen. Die Bezirks-SPÖ unter Ex-Bezirksvorsteher Karlheinz-Hora war immer dagegen. Auch die neue grüne Bezirkschefin, Uschi Lichtenegger, will stattdessen den Vorplatz umgestalten und mehr Sozialarbeiter einsetzen. Ein Verbot sei weder hilfreich noch umsetzbar. Die bisher gesetzten Maßnahmen würden Erfolg zeigen, sagte sie. Wie DER STANDARD berichtete, sinken die Einsatzzahlen der Polizei.

Lichtenegger warnte zudem davor, dass bei der Debatte mit zweierlei Maß gemessen werde. Die Forderung nach einem Verbot würde sich nicht auf "Studierende mit Bier oder auf die Leute, die auf dem Weg zur Wiener Wiesn schon ein Bier in der Hand haben" beziehen.

Auch die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) sprach sich erst vor wenigen Tagen gegen ein Verbot aus: "Es würde dazu führen, dass die Menschen einfach auf der anderen Straßenseite trinken."

Alkoholverbot auf dem Vorplatz

Anlass für ihre Stellungnahme war ein Vorstoß der ÖBB gewesen. Diese können sich vorstellen, ein Verbot auf "markanten Bahnhöfen" zu erlassen. Ein generelles Verbot auf allen rund 1.100 österreichischen Bahnhöfen mache aber keinen Sinn, sagte ein Sprecher zum STANDARD.

Die neue Regelung solle es aber nur geben, wenn die jeweilige Stadtverwaltung ein Verbot auf dem Vorplatz einführt. In der Bahnhofshalle können die ÖBB selbst entscheiden. Das Konsumverbot würde zudem nur auf den Freiflächen gelten. Pächter beziehungsweise Gastro-Betreiber wären also nicht davon betroffen.

Praterstern ist ungleich Dornbirn

Derzeit läuft ein Verbotsversuchsprojekt in Dornbirn. Dort mache man "positive Erfahrungen – sowohl was das subjektive Sicherheitsgefühl der Reisenden angeht als auch objektiv", sagte der Sprecher.

Bürgermeister Häupl sagte am Dienstag, er wolle abwarten, wie sich das Dornbirner Projekt entwickelt. Bezirkschefin Lichtenegger meinte, dass man den Praterstern nicht mit dem Vorarlberger Bahnhof vergleichen könne: "Am Praterstern steigen täglich tausende Menschen ein und aus."

Kein "Tetrawein" im Billa

Gegen ein Verbot ist auch Michael Dressel, Sucht- und Drogenkoordinator der Stadt Wien. Er spricht sich stattdessen dafür aus, dass nicht mehr an Alkoholisierte ausgeschenkt werden darf: Der entsprechende Passus der Gewerbeordnung solle auf den Einzelhandel ausgeweitet werden.

Laut einem Sprecher der Rewe-Gruppe wird in Supermarktfilialen des Konzerns generell kein Alkohol an sichtbar betrunkene Menschen verkauft. Beim Billa am Praterstern sei ein Securitymitarbeiter im Einsatz: Betrunkene würden "nicht eingelassen und bekommen bei wiederholten Auffälligkeiten Hausverbot". Der "beliebte Artikel Tetrawein 1 Liter weiß und rot" werde nicht mehr verkauft. (Christa Minkin, 14.2.2017)