Wien – Neuer Tag, neue Aufregung über das nächste Regierungsmitglied: Am Mittwoch waren beide Koalitionshälften bemüht, weniger die Rücktrittsgerüchte über Beate Hartinger-Klein (FPÖ, Gesundheit) als über Josef Moser (ÖVP, Justiz) zu zerstreuen, die zuvor die Tageszeitung Österreich angesichts der Budgetprobleme seines Ressorts ventiliert hatte.

Damit nicht genug, musste Moser auch noch wegen einer Blutvergiftung ins Spital – und deswegen wurden schleunigst auch alle Termine des Ministers für diese Woche abgesagt. Sobald er das Krankenhaus jedoch verlassen könne, werde er seine Aufgaben "mit vollem Engagement" wieder aufnehmen, sagte der Minister.

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Versichert weiterzumachen, sobald er wieder fit ist: Justizminister Moser (ÖVP), der wegen seines knappen Budgets aber sehr wohl gefrustet ist.
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Das Pikante daran: Protokollarisch wäre ein Rücktritt Mosers, der mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) seit Wochen vergeblich um mehr Finanzmittel für die Justiz ringt, derzeit schwer möglich, denn: Bis Ende der Woche sind Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) noch auf Staatsbesuch in China. Angeblich ist der Justizminister gebeten worden, mit seiner Entscheidung noch zuzuwarten. Moser selbst soll für Ende April seinen Abgang in Aussicht gestellt haben, wenn es zu keinerlei monetären Zugeständnissen komme.

Der Vorteil bei diesem Szenario: Zu diesem Zeitpunkt wäre die vierte und letzte Landtagswahl für heuer, nämlich jene in Salzburg am 22. April, längst geschlagen – und vor dem Urnengang könnten ÖVP und FPÖ die Turbulenzen in der Regierung noch als Fake News in Abrede stellen.

Bis Ende der Woche sind Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) noch auf Staatsbesuch in China – daher wäre ein Rücktritt Mosers derzeit protokollarisch schwer möglich.
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Hinter den Kulissen haben Türkis wie Blau zur Wochenmitte jetzt jedenfalls alle Hände voll zu tun, um Mosers mögliche Überlegungen kleinzureden. Mit Verweis auf die gelegentlichen Brachialmethoden des Boulevardblatt-Bosses wird in der ÖVP erklärt, dass sich Wolfgang Fellner zum allseits bekannten Frust von Moser wegen der Budgetknappheit allzu viel zusammenspintisiert habe. Nicht dementiert wird jedoch, dass beide Protagonisten miteinander darüber gesprochen haben – doch die von Moser zitierten Aussagen sollen so nicht gefallen sein.

Dazu stellt man in der Kanzlerpartei – derzeit wegen Kurz’ Absenz allein zu Haus – nun hinter vorgehaltener Hand in Aussicht, dass Moser doch noch Geld für sein Ressort bekommen könnte. Dazu ein türkiser Insider: "Er vermittelt sein hartnäckiges Bemühen darum ja zugegebenermaßen nicht ganz ungeschickt." Außerdem von der Regierungsspitze ursprünglich geplant: Dass nach der Salzburg-Wahl wieder viele Reformen bekannt gegeben werden, die von Moser gut mitgetragen werden können.

Reden ohne Punkt und Komma

In der FPÖ hingegen verwitzelt man die dramatische Headline von Österreich ("Erster Minister vor dem Rücktritt!") mit Hinweis auf die berüchtigte Endlos-Rhetorik des ehemaligen Parteikollegen und Rechnungshofpräsidenten Moser, der gern "ohne Punkt und Komma" rede: "Wer die Ausdrucksweise von ihm kennt, weiß, dass die sehr dazu geeignet ist, allzu leicht missverstanden zu werden", spöttelt ein Blauer.

Immerhin hat sich Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, für den Öffentlichen Dienst zuständig, zuletzt dafür stark gemacht, dass es für den Justizminister doch noch Nachverhandlungen mit dem Finanzressort geben solle. Konkret will sich Strache dafür einsetzen, dass vierzig Richterposten durch Umschichtungen nachbesetzt werden.

SPÖ sieht Chaos auf offener Bühne

Moser selbst forderte noch vor seinem Spitalsaufenthalt am Dienstagabend im Budgetausschuss des Parlaments erneut, dass zusätzliche Kosten in der Justiz auch mit Extrageld abgedeckt werden. Dies ist im Budgetentwurf nicht der Fall – wie berichtet, werden Gerichten drastische Sparvorgaben gemacht. Unter anderem verlangt Moser zusätzliche Mittel für die Digitalisierung der Gerichtsverfahren und für den Ausbau des Maßnahmenvollzugs. Den geplanten Abbau eines Personalpuffers bei den Richtern verteidigte Moser, während die Richterschaft am Mittwoch dagegen protestierte. Ein Saal am Landesgericht Klagenfurt wurde vorübergehend besetzt und mit Transparenten wie "Rechtsstaat in Gefahr" behängt.

ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel will nichts von Mosers Rücktrittsplänen wissen – und: "Ich sehe ihn regelmäßig", betont er.
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Bei der SPÖ sorgt all das freilich für Kopfschütteln. Bundesgeschäftsführer Max Lercher spricht von "Chaos auf offener Bühne". Vizekanzler Strache und "der groß angekündigte Oberreformminister" Moser würden von Finanzminister Löger "gedemütigt und vorgeführt" – und mit "Katastrophenministerin" Beate Hartinger-Klein zeichne sich auch bereits ein weiterer Rücktritt ab, höhnt Lercher.

ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel hingegen will nichts von Mosers Rücktrittsplänen wissen, wie er der APA versicherte. "Ich sehe ihn regelmäßig", betonte er – und wünschte dem erkrankten Justizminister ausdrücklich gute Besserung. (Maria Sterkl, Nina Weißensteiner, 11.4.2018)