Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit seinem Vize, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Ab sofort können die Koalitionäre relativ ungestört auch umstrittene Vorhaben durchziehen.

Foto: APA / Roland Schlager
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Wien/Salzburg – Seit Antritt der ÖVP-FPÖ-Koalition im Bund waren bei vier Landtagswahlen 2,76 Millionen Personen stimmberechtigt – was mehr als 40 Prozent des Wahlvolks (rund 6,4 Millionen Wahlberechtigte) entspricht. Lassen die Urnengänge in Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Salzburg schon Rückschlüsse auf die Zufriedenheit mit der Regierung zu?

Allzu drastische Folgerungen seien nicht angebracht, analysiert Politologe Peter Filzmaier, denn: Anders als im Nationalratswahlkampf, in dem die Debatte rund um Zuwanderer dominierte, setzten die Landeshauptleute, allesamt Titelverteidiger, grosso modo keineswegs auf Kursänderungen – eher im Gegenteil. Lieber betonte man, dass im eigenen Reich alles seine Ordnung habe, was auch so bleiben möge.

So schaffte Johanna Mikl-Leitner die Absolute, Günther Platter mehr als 44 Prozent. Peter Kaiser (SPÖ) könnte mit fast 48 Prozent quasi allein regieren und Wilfried Haslauer brachte es am Sonntag auf rund 38 Prozent, was einem Plus von etwa neun Prozentpunkten entspricht.

Auch Unpopuläres umsetzbar

Neben der klaren Bestätigung dreier ÖVP-Landeshauptleute konnte die FPÖ, die im Vergleich zu ihrem Bundesergebnis von fast 26 Prozent im Oktober überall von niedrigerem Niveau startete, in drei Ländern jeweils rund sechs Prozentpunkte zulegen, zuletzt in Salzburg knapp zwei Prozentpunkte. Mit leichten Abstrichen, so Filzmaier, habe die FPÖ, jetzt Regierungspartei, in den Ländern also die Wähler "bei der Stange" gehalten.

Kann Türkis-Blau ab sofort unpopuläre wie umstrittene Maßnahmen durchziehen? Ein Blick auf den Kalender zeigt (siehe unten), dass bis 2020 plangemäß keine Testwahlen anstehen. Vorarlberg, das nächstes Jahr wählt, gilt kaum als repräsentativ, die EU-Wahl, ebenfalls 2019, fällt unter "second-order elections", wie es der Politologe ausdrückt. Die Koalition könne ergo relativ ungestört ihre Agenden angehen – etwa die Reform der Sozialversicherungsträger samt Umbau der AUVA, den Zwölf-Stunden-Arbeitstag, der laut Kurier mit eingeschränkter oder gar ohne Begutachtung beschlossen werden soll, sowie das Umkrempeln des Arbeitslosengeldes plus Auflösung der Notstandshilfe.

Noch werden viele Neuerungen "als Überschriften" wahrgenommen, erklärt Filzmaier. Der Familienbonus sei "noch nicht am Konto", nach Abschaffung des Pflegeregresses die Finanzierung nicht geklärt. Umgekehrt müsse aber auch der Opposition, allen voran der SPÖ, erst der Nachweis gelingen, dass einige Reformen arge Folgen hätten. (Nina Weißensteiner, 22.4.2018)