Die Moschee der Arabischen Kultusgemeinde in Wien-Mariahilf hat trotz der verkündeten Schließung durch die türkis-blaue Regierung weiterhin eine offene Tür.

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Wien – Alle acht Gebetshäuser, die von der Regierung geschlossen wurden, sind derzeit offen. Das bestätigt im Gespräch mit dem STANDARD der Vorsitzende der Arabischen Kultusgemeinde, Zikri Gabal. Zu dieser gehören sieben der betroffenen Moscheen. Die achte Einrichtung, ein Gebetsraum des Moscheevereins Nizam-i Alem am Antonsplatz in Wien-Favoriten, hatte wie berichtet bereits nach einer Woche wieder aufgesperrt. Grund für die Schließung war hier ein Formalfehler gewesen, die entsprechenden Dokumente wurden dann nachgereicht.

Die Arabische Kultusgemeinde wurde von der türkis-blauen Koalition komplett aufgelöst – ein entsprechender Bescheid wurde ihr zugestellt, nachdem Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sowie der für Kultusfragen zuständige Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) die Stilllegung der Kultusgemeinde in einer eigens dafür einberufenen gemeinsamen Pressekonferenz verkündet hatten.

Kultusgemeinde hat Plan A und B

Der Verein geht gegen das amtliche Dokument, das dem STANDARD vorliegt, nun rechtlich vor, sein Anwalt hat eine Beschwerde ausgearbeitet. "Wir schließen unsere Moscheen nur, wenn der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid bestätigt", sagt Gabal. Und selbst wenn die Kultusgemeinde aufgelöst bliebe, müssten die Gebetshäuser nicht zusperren, führt er aus: "Dann melden wir sie als Moscheegemeinden an."

Für diese Form der Öffnung eines islamischen Gebetshauses ist nur die Zustimmung der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) notwendig, dem Kultusamt müssen die entsprechenden Dokumente dann lediglich vorgelegt werden. Dieses Vorgehen als Plan B hatte auch bereits Abdi Tasdögen, Vizepräsident der IGGÖ, im Gespräch mit dem STANDARD angesprochen.

Salafistische Tendenzen "zwanzig Jahre alt"

Begründet wird die Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde im Bescheid unter anderem mit formalen Fehlern. So sei es verabsäumt worden, der Islamischen Glaubensgemeinschaft Finanzunterlagen zu übermitteln. Außerdem verfüge die Kultusgemeinde nur über sieben Moscheen und nicht, wie seitens der Islamischen Glaubensgemeinschaft vorgeschrieben, über zehn.

Darüber hinaus predige in einer Moschee ein Imam, von dem im Internet radikale Inhalte geteilt wurden. Gabal verteidigt den Vorbeter: Die im Bescheid genannten Audiodateien, die vom Kultusamt als "wortwörtliche Auslegung der Glaubensquellen" und "salafistisch" eingestuft wurden, seien vor mehr als zwanzig Jahren in einer Moschee in Jordanien aufgenommen – und später auf Youtube gestellt worden. "Der Imam hat sich seither stark verändert, er lebt gerne in Österreich und respektiert das Staatssystem und die Demokratie", behauptet Gabal. Die Videos wurden inzwischen gelöscht.

Kultusamt prüft rechtliche Schritte

Das Kultusamt erklärte am Mittwochnachmittag, dass die "Sachlage unverändert" sei, die Arabische Kultusgemeinde per Bescheid aufgelöst wurde und deshalb keine Moscheen betreiben dürfe. Derzeit würden alle möglichen rechtlichen Schritte geprüft und in Folge die entsprechenden Maßnahmen gesetzt, hieß es weiters seitens des im Bundeskanzleramt angesiedelten Amts.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft gab bekannt, dass ihr kein Ansuchen auf Wiederaufnahme des Betriebs vorliege. Auf einige formale Fehler ist das Kultusamt von der IGGÖ selbst aufmerksam gemacht worden, das wird auch im Bescheid festgehalten. Derzeit würden alle von der Schließung betroffenen Moscheen von der IGGÖ geprüft. Wie sich herausgestellt habe, handle es sich nicht bei allen um eine richtige Moschee. So sei an einer Adresse ein Kaffeehaus vorgefunden worden.

Abstimmung über Neuwahlen in IGGÖ

In der IGGÖ ist seit der Verkündung der Regierung, Moscheen zu schließen und Imame auszuweisen, ein großer Streit losgebrochen. Präsident Ibrahim Olgun wird vorgeworfen, ohne den Obersten Rat zu informieren, mit dem Kultusamt zusammengearbeitet zu haben. Ende Juni wird darüber abgestimmt, ob es deshalb vorgezogene Neuwahlen geben soll. (Katharina Mittelstaedt, 20.6.2018)