Sebastian Kurz erteilte seinem Intimus, dem Tiroler JVP-Chef Dominik Schrott, die Absolution trotz Manipulationsverdachts.

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ÖVP-Mandatar Dominik Schrott in der Bredouille.

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Innsbruck – Das sei sehr unehrlich gewesen, aber die Reaktion darauf schnell und richtig. Mehr hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu den Vorwürfen rund um ein manipuliertes Gewinnspiel des Tiroler VP-Nationalratsabgeordneten Dominik Schrott nicht zu sagen. Anfragen zum Thema blieben in der Bundesparteizentrale unbeantwortet. Dass ein Mandatar Lob für einen vermutlichen Skandal erntet, ist selbst für türkise Verhältnisse ungewöhnlich, aber offenbar der vielbeschworene neue Stil.

Staatsanwaltschaft prüft

Weniger entspannt sieht das die Staatsanwaltschaft Innsbruck, die nun den "Sachverhalt prüft", wie Sprecher Hansjörg Mayr am Mittwoch dem STANDARD bestätigte. Der Verdacht der Täuschung und des Vergehens gegen den Datenschutz steht im Raum. Denn Schrott soll im Nationalratswahlkampf 2017 ein manipuliertes Gewinnspiel auf seiner Facebook-Seite veranstaltet haben, wie der Tiroler Blogger Markus Wilhelm am Dienstag aufdeckte.

Schrott dementierte, von Tricksereien gewusst zu haben. Dass sie passiert sind, stritt er allerdings nicht ab. Doch der ÖVP-Politiker machte die mit der Durchführung des Gewinnspiels betraute Agentur Smart Ventures aus Innsbruck für die Fehler verantwortlich. Doch Schrott war selbst bis 31. Oktober 2017 Angestellter dieser Agentur, die zugleich für seinen Wahlkampf verantwortlich zeichnete. Dass er zudem seinen ehemaligen Agenturchef nach der Wahl als seinen parlamentarischen Mitarbeiter angestellt hat, lässt Zweifel an den Beteuerungen Schrotts, nichts von alldem gewusst zu haben, aufkommen.

Schuldfrage wird delegiert

Für Kanzler Kurz genügt es dennoch. Schrott habe "schnell" und "richtig" gehandelt, als er sich noch am Dienstag von seiner Agentur getrennt und deren Chef Thomas Ziegler als seinen parlamentarischen Mitarbeiter entlassen habe. Wobei auch der Agenturchef jede Verantwortung von sich wies. Schuld habe, so vermuten Schrott und Ziegler, die mit dem Gewinnspiel befasste Mitarbeiterin, Zieglers Nichte. Von der habe sich die Agentur wiederum schon im Juni 2018 getrennt. Ziegler nannte "familiäre Probleme" als Grund dafür. Die junge Frau war für eine Stellungnahme bislang nicht erreichbar.

Dominik Schrott wird vorgeworfen, ein Gewinnspiel auf seiner Facebook-Seite gefälscht zu haben.
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In Tirol schien es zunächst so, als würde die ÖVP Schrott fallenlassen. Noch am Dienstag ließ Landesgeschäftsführer Martin Malaun über die Medien ausrichten, dass Schrott für "sein Handeln zuallererst selbst verantwortlich" sei. Wirtschaftskammerchef Jürgen Bodenseer wurde noch deutlicher. Die Causa Schrott sei eine "Belastung" für die ÖVP. Es gebe "kein gutes Bild ab", wenn der Verdacht im Raum stehe, dass sich ein Politiker ein Mandat durch "Unregelmäßigkeiten und Spitzfindigkeiten" erkämpft habe. Er forderte seinen Parteikollegen daher auf, für Klarheit zu sorgen, statt nur "fadenscheinige Argumente" vorzubringen.

Kritik verstummte plötzlich

Doch am Mittwoch fand sich nach der Absolution durch Kanzler Kurz plötzlich niemand mehr in der Landesparteileitung, der sich zu Schrott äußern wollte. Es sei nun alles gesagt, hieß es etwa aus dem Büro Malauns. Selbst der sonst streitbare AK-Präsident Erwin Zangerl, der Schrott im Wahlkampf noch unterstützt hatte, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. ÖVP-Nationalratsabgeordneter Franz Hörl, der Schrott im Wahlkampf 2017 noch für dessen Methoden kritisiert hatte, war ungewohnt handzahm: "Ich habe ihn als netten Kollegen kennengelernt."

In der "Tiroler Tageszeitung" wurde dann allerdings Landesparteichef und Landeshauptmann Günther Platter deutlicher: Für ihn ist die Angelegenheit noch nicht beendet. "Praktiken, wie sie offenbar im Zuge des Wahlkampfes von Dominik Schrott angewandt wurden, sind klar zu verurteilen." Es sei deshalb wichtig gewesen, dass er am Dienstag rasch personelle Konsequenzen gezogen habe. Allerdings stellt Platter Schrott recht deutlich die Rute ins Fenster: "Darüber hinaus erwarte ich mir von ihm auch weiterhin, dass er alle notwendigen Schritte setzt, um diese Angelegenheit restlos aufzuklären." (Steffen Arora, 22.8.2018)