Herbe Niederlage für Monsanto im Prozess in den USA.

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Leverkusen / San Francisco – Die Bayer-Tochter Monsanto hat in den USA wegen des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat vor Gericht einen schweren Rückschlag erlitten. Die Jury des zuständigen Bundesbezirksgerichts in San Francisco befand am Dienstag einstimmig, dass das glyphosathaltige Unkrautvernichtungsmittel Roundup ein wesentlicher Faktor für die Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman gewesen ist.

Damit geht der Prozess nun in eine zweite Phase, in der geklärt werden soll, ob Monsanto über Risiken hinwegtäuschte und wie hoch der mögliche Schadenersatz ausfallen könnte.

Bayer wehrt sich

Der deutsche Bayer-Konzern zeigte sich in einer Stellungnahme enttäuscht von der Entscheidung der Jury. Dennoch sei das Unternehmen weiterhin fest davon überzeugt, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, dass glyphosatbasierte Herbizide keinen Krebs verursachen. Bayer sei zuversichtlich, im zweiten Teil des Prozesses beweisen zu können, dass Monsantos Verhalten angemessen war und das Unternehmen nicht für Hardemans Krebserkrankung haftbar gemacht werden sollte.

Für das Unternehmen ist dieser Fall hochbrisant, da es sich um einen richtungsweisenden "Bellwether Case" handelt. Damit ist im US-Recht eine Art Musterfall in einem Massenverfahren gemeint. Mehrere dieser repräsentativen Fälle sind angesetzt. Sie sollen den Streitparteien helfen, das Ausmaß von Schäden und die Höhe denkbarer Vergleichszahlungen besser abschätzen zu können. Insgesamt sind bei dem zuständigen US-Richter Vince Chhabria mehrere Hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt.

Schadenersatz in San Francisco

Für das US-Unternehmen Monsanto handelt es sich um die zweite juristische Niederlage binnen eines Jahres. In einem anderen Prozess im August hatte eine Jury in San Francisco Monsanto zur Zahlung von Schadenersatz an den früheren Schulhausmeister Dewayne Johnson verurteilt. Bayer ist gegen das Urteil zum Fall Johnson in die Berufung gegangen.

Johnson wie auch Hardeman leiden am Non-Hodgkin-Lymphom, einer Krebserkrankung des Lymphgewebes. Beide Kläger setzten Roundup über viele Jahre hinweg ein.

Auf Antrag von Bayer wurde der Prozess in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase ging es darum, ob Roundup tatsächlich die Krankheit Hardemans verursacht hat. In der zweiten Phase soll darüber verhandelt werden, ob das Unternehmen Monsanto für den Krebs des Klägers verantwortlich gemacht werden kann.

Kurs eingebrochen

Der Bayer-Aktienkurs war nach dem Urteil im August massiv eingebrochen. Anleger und Analysten warfen die Frage auf, ob die Leverkusener die Risiken des rund 63 Milliarden Dollar (55 Milliarden Euro) teuren Monsanto-Kaufs unterschätzt hätten. Das aktuelle Verfahren ist erst der Anfang: Bis Ende Jänner wurden Monsanto in den USA glyphosat-bezogene Klagen von etwa 11.200 Klägern zugestellt. In den nächsten Tagen soll bereits ein weiterer Prozess bei einem Landgericht im kalifornischen Oakland starten.

Bayer weist die Vorwürfe eines Krebsrisikos zurück und beruft sich dabei auf zahlreiche Studien. Der Dax-Konzern gibt sich denn auch betont optimistisch: Bisher sah das Unternehmen keinen Grund, für mögliche Schadenersatzzahlungen Vorsorge zu leisten. Viel Geld kosten die Glyphosat-Klagen aber dennoch schon: Die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten stiegen im vergangenen Jahr um rund 660 Millionen Euro. "Wir stellen hier im Wesentlichen für drei Jahre Verteidigungskosten zurück", erklärte Finanzchef Wolfgang Nickl während einer Bilanzpressekonferenz Ende Februar.

Einstieg um 63 Milliarden Dollar

Der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern hatte den Glyphosat-Entwickler Monsanto im vergangenen Sommer um 63 Milliarden Dollar übernommen. Der Konzern hat die Vorwürfe stets bestritten und verweist darauf, dass Zulassungsbehörden weltweit Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung als sicher bewerteten. Insgesamt sind für dieses Jahr derzeit sieben Verfahren zur Verhandlung angesetzt.

2018 hatte ein kalifornisches Geschworenengericht den Konzern zur Zahlung von 289 Millionen Dollar Schadenersatz an einen an Krebs erkrankten Mann verurteilt. Später wurde die Summe zwar auf 78 Millionen Dollar reduziert, doch Glyphosat wurde immer noch für die Krebserkrankung des Mannes verantwortlich gemacht.

Forderung nach Verbot in Österreich

In Österreich gab es nach dem Urteil einen Appell an Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Umweltorganisationen und der Grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz wollen ein österreichweites Verbot für das weitverbreitete Mittel. Das Urteil spreche "eine deutliche Sprache", betonte Global 2000 am Mittwoch in einer Aussendung. Die Beweislage für die krebserregende Wirkung von Glyphosat sei eindeutig. Zwar wurde der Plan, das Pestizid in Kärnten für den privaten Verbrauch zu verbieten, begrüßt, doch die Umweltorganisation fordert ein bundesweites Verbot – auch in der Landwirtschaft. Vonseiten der Regierung sei ein solches Verbot kurz nach der Wahl angekündigt worden. "Es ist jetzt Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen", sagte Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker bei Global 2000 und Autor des Buches "Die Akte Glyphosat". (APA, Reuters, 20.3.2019)