Wohnt dieser Mann wirklich im Wirtschaftsministerium? Die Behörden glauben ihm das jedenfalls nicht.

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Wien – Die Aktion, mit der Neos-Mandatar Gerald Loacker Lücken in der App "Digitales Amt" aufzeigen wollte, hat für ihn rechtliche Konsequenzen. Die Burghauptmannschaft teilte am Freitag mit, dass sie Loacker wegen einer "bewussten Falschmeldung" gemäß Meldegesetz angezeigt hat. Es droht eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro.

Loacker hatte die App getestet und konnte mit ihr seinen Hauptwohnsitz problemlos in das Regierungsgebäude am Stubenring 1 in Wien verlegen, den Sitz des Digitalisierungsministeriums. Die im Paragraf 8 des Meldegesetzes verlangte Bestätigung durch den Unterkunftgeber war dafür nicht erforderlich, berichtete er und vermutete laut ORF-"Mittagsjournal" einen Fehler in der möglicherweise überstürzt veröffentlichten App des Bundes.

Keine Unterkünfte

Die für das Gebäude zuständige Burghauptmannschaft fand das offensichtlich nicht lustig. Das Gebäude diene als Sitz des Ministeriums und beinhalte keine Unterkünfte gemäß dem Meldegesetz, hieß es in einer Mitteilung: "Die Anmeldung eines Hauptwohnsitzes, obwohl keine Unterkunftnahme erfolgen kann und daher auch nicht erfolgt ist, begründet aus Sicht der zuständigen Dienststelle den Verdacht eines Verstoßes gegen § 22 Abs. 1 Z 2 Meldegesetz." Man habe daher am Freitag eine Sachverhaltsdarstellung an den Wiener Magistrat als Meldebehörde erstattet.

Neos gaben Sanktus zu Gesetzesänderung

Dass die elektronische Wohnsitzanmeldung für Österreicher ohne Unterschrift des Unterkunftgebers möglich ist, ist kein Versehen des Bundes, sondern wurde im Parlament Ende des Vorjahres beschlossen – und das einhellig, also auch mit den Stimmen der Neos, die das nun kritisieren. In der Begutachtung hatte es durchaus kritische Stimmen dazu gegeben.

Ermöglicht wurde dies mit einer recht sperrigen Sammelnovelle, die neben einfacheren digitalen Amtswegen etwa auch die Übertragung der Agenden der Stammzahlenregisterbehörde von der Datenschutzbehörde zur Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort mit sich brachte. Kritische Wortmeldungen in der Begutachtung hatte es durchaus gegeben. So warnte die Volksanwaltschaft, dass damit An- bzw. Ummeldung gänzlich ohne Nachweis des Haus- bzw. Wohnungseigentümers möglich würden. "Der Aspekt der Rechtssicherheit wird bei diesem Vorhaben, Behördenwege zunehmend zu digitalisieren, außer Acht gelassen", hieß es in der Stellungnahme: "Vielmehr wird die Möglichkeit für unbefugte Personen, An- bzw. Ummeldungen vorzunehmen, noch ausgeweitet."

Auch die Stadt Wien übte Kritik. "Es wird davon ausgegangen, dass diese Bestimmung zu einer massiven Zunahme von Scheinmeldungen führen wird", lautete die Warnung. Der Städtebund sah das ebenfalls "äußerst kritisch", und das Amt der niederösterreichischen Landesregierung oder auch das Land Salzburg sprachen sich für Maßnahmen gegen Missbrauch aus.

Ja zu E-Government, aber aktuelle Zweifel

Gerald Loacker von den Neos, der mit der Kritik an der App an die Öffentlichkeit gegangen war, rechtfertigte am Freitag auf APA-Anfrage das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion. "Wir haben dem E-Government-Gesetz zugestimmt, weil wir grundsätzlich befürworten, wenn das Thema E-Government von dieser Bundesregierung forciert wird", ließ er in einer schriftlichen Stellungnahme wissen: "Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass die Umsetzung dieses Gesetzes von der Regierung professionell und ohne Missbrauchsmöglichkeit durchgeführt wird. Und das bezweifeln wir weiter ganz massiv."

Chaos ortete indes Vizepräsident des österreichischen Gemeindebundes, Rupert Dworak, SPÖ-Bürgermeister in Ternitz. "Die App ist fehleranfällig und unterstützt offenbar aufgrund der fehlenden Anzeige der Zustimmung durch den Unterkunftsgeber Scheinanmeldungen", berichtet er von heftige Beschwerden aus den Gemeinden. Deshalb sei das Innenministerium jetzt in der Pflicht, die Handy-App unverzüglich im Bereich des Meldewesens zu stoppen, bevor das Durcheinander noch größer werde. (APA, 29.3.2019)