Kanzler Kurz verlangt vom Koalitionspartner eine deutliche Distanzierung von den rechtsextremen Identitären.

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Für einen kurzen Moment soll Bundeskanzler Sebastian Kurz vor rund einem Jahr erschrocken sein, als erste Meldungen über die Razzia im Verfassungsschutz die Runde machten. Der Schreck hat sich schnell gelegt, auch wenn der U-Ausschuss in den kommenden Monaten zahlreiche Widersprüche und fragwürdige Aktivitäten blauer Spitzenbeamter feststellen konnte. Nun wurde Kurz offenbar wieder aufgerüttelt – durch den Terroranschlag von Christchurch und die Spende des mutmaßlichen Täters an den Chef der rechtsextremen Identitären Bewegung, die teils mit der FPÖ verflochten ist.

Auf allen verfügbaren Kanälen fordert Kurz klar eine Distanzierung seines Koalitionspartners von den Rechtsextremen, die – so Kurz – "um nichts besser als islamistische Extremisten" seien. Das kann man jetzt mit Blick auf die EU-Wahlen Ende Mai als Wahlkampfstrategie sehen; man kann es Kurz aber auch abnehmen, versicherte die FPÖ-Spitze rund um Heinz-Christian Strache doch mehrfach, sich vom "rechten Narrensaum" abgrenzen zu wollen. Das ist aber alles andere als einfach. Schon Jörg Haider merkte einst, dass man die Macht der Burschenschafter nicht einfach beschneiden kann. Unter Strache ist die FPÖ noch enger mit dem burschenschaftlichen Milieu verbündet. Dort finden sich wiederum viele Mitglieder der Identitären Bewegung.

Dort werden Begriffe wie "Treue" hochgehalten. Eine klare Distanzierung von den Identitären, gar personelle Konsequenzen würden Strache wohl teuer zu stehen kommen. Weniger bei den Wählern: Dem Großteil jener Menschen, die der FPÖ ihre Stimme gaben, ist die Identitäre Bewegung völlig egal. Aber gerade jene Kerngruppe der Freiheitlichen, die sich engagiert, die Inhalte verbreitet und sich im Kampf für mehr Stimmen "aufreibt", dürfte auf jedwede substanzielle Abwendung von den Identitären allergisch reagieren. Dieses "patriotische", rechtsextreme Lager ist für die FPÖ nach wie vor sehr wichtig.

Wertschätzung an Rechts-außen

Auch darin ist – neben einer ideologischen Nähe – der Grund für die Verzahnung zwischen FPÖ und Identitären zu sehen. Kickl tauchte auch deshalb beim rechtsextremen Kongress "Verteidiger Europas" auf. Es war ein Signal der Wertschätzung an Rechts-außen. Das wird jetzt für die gesamte Regierung – und die Bevölkerung – zum Problem. Denn internationale Partner beobachten mit Argusaugen, dass zwei FPÖ-Minister die Nachrichtendienste kontrollieren. Die Idee, die Berichtspflicht der Dienste nun auf Bundes- und Vizekanzler zu erweitern, ist daher prinzipiell sinnvoll, besonders aber in dieser Konstellation. Dass sich Kurz mit der Umsetzung dieser Reform, die schon im Regierungsprogramm stand, trotz der BVT-Affäre so lange Zeit ließ, kann ihm zum Vorwurf gemacht werden.

Die Skepsis der ausländischen Partner hat übrigens nicht nur mit dem rechtsextremen Flügel der FPÖ zu tun, sondern auch mit deren engen Verbindungen nach Russland. Jenes Selfie, das Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus, Norbert Hofer und Harald Vilimsky Ende 2016 in Moskau aufnahmen, sorgte international für mehr Schaden als jedes Foto mit Identitären – sind die Abgebildeten doch heute Vizekanzler, Klubobmann, Verkehrsminister und EU-Spitzenkandidat.

Die Nachrichtendienste werden aus dem Ausland deshalb zweifach gemieden. Ob eine Berichtspflicht an Kurz das ändert, darf bezweifelt werden. (Fabian Schmid, 2.4.2019)