Am Dienstag präsentierte Hamann im Wiener Volksgarten mit dem grünen Bundessprecher Werner Kogler ihre Bewerbung.

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Vergleicht man die Biografie von Sibylle Hamann mit der Lebensgeschichte der Grünen, so ist es eigentlich verwunderlich, dass die zwei erst jetzt zusammenfinden. Für beide stellt jedenfalls die Besetzung der Hainburger Au im Jahre 1984 das politische Schlüsselerlebnis dar. Die damals 18-jährige Hamann kampierte wochenlang mit einem Zelt in der verschneiten Au, um gegen das geplante Donaukraftwerk aufzubegehren. Zu sehen, dass man gemeinsam etwas verändern – in diesem Fall: verhindern – kann, beschreibt sie als ihre politisch prägende Erfahrung.

Reportagen gegen Schüchternheit

Den aufstrebenden Grünen trat die Wienerin damals nicht bei; sie wurde Journalistin. Weniger aus Publizitätsdrang, sondern um in unangenehmen Situationen die eigene Scheu vor anderen Menschen zu überwinden. Das beste Antidot gegen die Schüchternheit erblickte sie im Recherchieren für Reportagen, die sie über 15 Jahre lang als Auslandsreporterin verfasste – zuerst für den Kurier, dann mehr als zehn Jahre lang für das Profil. Sie reiste von einer Krisenregion zur nächsten, berichtete vom Völkermord in Ruanda, von den Balkankriegen und aus Afghanistan. Als die finanziellen Mittel für Auslandsberichte immer geringer wurden, kehrte sie nach Österreich zurück und machte sich als freie Journalistin selbstständig. Obwohl ihr Herz weiterhin an der Reportage hängt, wurde sie fortan vor allem für ihre Kolumnen in Presse und Falter bekannt. Nebenbei unterrichtet sie an der Fachhochschule für Journalismus und hält dort Schreibwerkstätten ab.

Singen in der Franziskanerkirche

Einem breiteren Publikum ist die 52-Jährige durch regelmäßige Auftritte in Funk und Fernsehen ein Begriff, wo die profilierte Feministin für Menschenrechte und gegen reaktionäre Frauenbilder jedweder Couleur Stellung bezieht. Trotzdem sieht man sie oft in der Kirche. Grund dafür ist die Cappella Albertina, Hamanns Chor, mit dem sie leidenschaftlich Kirchenmusik in der Franziskanerkirche zum Besten gibt.

Ob sie auch am Samstag beim grünen Bundeskongress Anklang finden wird, ist offen. Hamann will dort auf einen vorderen Platz der Bundesliste gewählt werden, um für ein Nationalratsmandat zu kandidieren. Ihre beiden Kinder – die Tochter ist 16, der Sohn 13 – sind an dieser Entscheidung womöglich nicht ganz unschuldig. Beide setzen sich mit Fridays for Future für mehr Klimaschutz ein. Die Aufbruchstimmung erinnert an Hainburg, meint die Mutter. (Theo Anders, 2.7. 2019)