Beim ORF-"Sommergespräch" mit den "Falter"-Recherchen zu einer doppelten türkisen Buchhaltung rund um Wahlkampfkosten konfrontiert, parierte ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz einige Vorhalte gekonnt mit rhetorischen Kunstgriffen. Doch halten seine Aussagen den Fakten stand? Ein Überblick:

Beim ORF-"Sommergespräch" mit Tobias Pötzelsberger: ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz.
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Der Kuli-Konter Gemäß internen Unterlagen soll die ÖVP statt verlautbarter 6,3 Millionen und erlaubter sieben Millionen neun Millionen Euro an Wahlkampfausgaben geplant haben. Obwohl Excel-Tabellen angeblich belegen, wie Kurz' "Bergauf"-Tour oder die Wahlabendparty in der ÖVP-Zentrale nicht unter Wahlwerbung verbucht werden, pickte sich der Ex-Kanzler die Anschaffung von Kugelschreibern als "falschen Vorwurf" heraus. Ahnungslose TV-Zuseher könnten glauben: Hier geht es um ein paar Kulis, die die Partei im Wahljahr 2017 "nicht einberechnet" habe. Was Kurz unter den Tisch fallen ließ: Auch in dem Fall wies die Wiener Stadtzeitung konkret aus, dass es sich im Detail um zwei Millionen Schreiber im Wert von 130.000 Euro handle. Die Kulis sollen für die gesamte Legislaturperiode deklariert und nur vier Monate an Kuli-Kosten herausgerechnet worden sein: 17.356 Euro wurden also unter Wahlkampf verbucht, die restlichen 112.814 Euro unter "laufender Aufwand Werbemittel".

Das Kern-Konterfei Während seiner Ausführungen zückte Kurz außerdem ein Foto von Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) bei einer roten Veranstaltung. Solche Kosten würden vom politischen Konkurrenten auch nicht einberechnet, wenn der Veranstalter keine Partei, sondern ein parteinaher Verein sei, kritisierte der ÖVP-Chef. Damit bleibt bei empörten Bürgern hängen: Auch die Sozis täuschen und tricksen, was das Zeug hält. Faktum ist, dass SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt bei ihrer Ad-hoc-Reform der Parteienförderung im Sommer tatsächlich SPÖ-nahe Vorfeldorganisationen wie den roten Pensionistenverband oder die Gewerkschafter verschont haben. Wegen ihrer komplizierten Vereinskonstruktionen können sie auch nach den neuen Transparenzregeln formal nicht der Partei zugerechnet werden. Fazit: Finanzielle oder ideele Wahlkampfhilfe von dieser Seite fällt für die SPÖ nicht unter auszuweisende Wahlkampfausgaben.

Die Neos-Connection Abschließend hielt Kurz fest, dass nur die ÖVP und die Neos dem Rechnungshof wesentlich mehr Kontrollrechte einräumen wollten – was deren Vize-Klubobmann Niki Scherak brüsk als "unwahr" zurückwies. Via Ö1 hatte sich Kurz am 29. Mai zwar für Prüfungen der Parteien durch das oberste Kontrollorgan der Republik ausgesprochen, doch seine ÖVP stimmte am 3. Juli im Parlament gegen einen entsprechenden pinken Antrag. Insgesamt, so rechnen die Neos vor, habe Kurz' Partei acht ihrer Anträge für mehr Transparenz abgeschmettert. (Nina Weißensteiner, 3.9.2019)