Verwaltungsreform gilt als ein permanenter Prozess – große Würfe werden immer wieder vorgeschlagen, meist aber auch rasch wieder verworfen. Österreich ist aus historischen Gründen ein Bundesstaat, der durch die Länder gebildet wird – dies wird von ÖVP, SPÖ und FPÖ aus praktischer wie auch verfassungsrechtlicher Sicht hochgehalten. Neos und Grüne stehen für mehr Zentralismus.

Der Sitzungssaal des Bundesrats ist zur Zeit eine Baustelle.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER
1.

Braucht es neun Bundesländer – und einen Bundesrat? Soll deren Einfluss gestärkt werden, gleich bleiben oder abnehmen?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Zum modernen Bundesstaat gehören leistungsfähige Länder und Gemeinden, weil sie staatliches Handeln bürgernahe machen. Dass Länder ihre regionalspezifischen Interessen und Anliegen auf Bundesebene äußern, ist legitim. Der Bundesrat ist dazu das zentrale parlamentarische Gremium.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Für uns sind sowohl die Länder wie auch der Bundesrat für das Verfassungssystem unverzichtbar. Was jedoch nach einer Optimierung ruft, sind die veralteten Kompetenzbestimmungen, die die Kompetenzen (in Gesetzgebung und Vollziehung) auf Bund und Länder verteilen.

Norbert Hofer, FPÖ:
Der Einfluss braucht nicht gestärkt oder abgeschwächt zu werden, jedoch sollte das Reformprogramm, das die FPÖ teilweise mit dem Regierungspartner umgesetzt hat, nämlich eine schärfere Trennung von Aufgaben von Bund, Land und Gemeinden, fortgesetzt werden.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Die Bundesländer können als bewährte Verwaltungseinheit bestehen bleiben, allerdings fordern wir die Abschaffung des Bundesrats. Zur Vertretung der Interessen der Länder gegenüber dem Bund soll die Landeshauptleutekonferenz verfassungsmäßig verankert werden.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Die Bundesländer sind für die Österreicher ein Teil ihrer Identität, weshalb sie nicht abgeschafft werden sollen. Dennoch sind Reformen und eine klare Kompetenzverteilung dringend nötig. Der Bundesrat ist zu stärken, um ihn von parteipolitischen Einflussnahmen unabhängiger zu machen.

Werner Kogler, Grüne:
Die Länder haben als Verwaltungseinheiten, die näher bei den Bürgerinnen sind, schon einen Sinn. Weniger sinnvoll ist es, so viele Rechtsmaterien uneinheitlich von den Bundesländern regeln zu lassen. Der Bundesrat muss für ein echtes Zweikammernsystem umgebaut werden.

2.

Sollen die Länder weiter über die Steuereinnahmen des Bundes finanziert werden oder in einen Steuerwettbewerb treten?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Unser Ziel ist es, dass Entscheidungen, die auf der Ausgabenseite getroffen werden, mit mehr Verantwortung auf der Einnahmenseite verknüpft werden. Wir brauchen außerdem einen Finanzausgleich, der sich an den Aufgaben und Leistungen der Gebietskörperschaften orientiert.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Die Einhebung eigener Steuern durch die Länder führt unwidersprochen zu Steuerdumping und wird daher abgelehnt. Zu diesem Thema hat es nie eine akkordierte Diskussion gegeben. Außer Acht bleiben darf auch nicht, dass dies zu einer weiteren Bürokratisierung führen würde.

Norbert Hofer, FPÖ:
Die Bundesländer sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Ausgaben selbst zu finanzieren.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Der Spendierföderalismus in der jetzigen Form tut weh. Daher sind wir Verfechter einer Steuerautonomie von Ländern und Gemeinden nach Schweizer Vorbild. Eine Zusammenführung von Aufgaben-, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung führt zu Effizienz und Eigenverantwortung.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Wir sind nicht dagegen, dass die Bundesländer eigene Steuern einheben dürfen. Allerdings ist ein Steuerwettbewerb innerhalb Österreichs nicht zielführend, da für alle Unternehmen und Menschen in Österreich dieselben steuerlichen Rahmenbedingungen gelten sollten.

Werner Kogler, Grüne:
Grundsätzlich ist das beispielsweise bei der Grundsteuer oder bei anderen länderspezifischen Einnahmen überlegenswert. Dafür sind jedoch nicht alle Steuern geeignet: Insbesondere bei der Körperschafts- und Einkommensteuer darf es keinen schädlichen Steuerwettbewerb geben.


Sollen den Landtagen mehr oder weniger Kompetenzen zugesprochen werden?
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3.

Sollen die Landtage abgeschafft und alle Gesetzgebung einheitlich dem Bund übertragen werden?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Wir haben uns immer für Subsidiarität ausgesprochen. Eine Abschaffung der Landtage oder der Landesgesetzgebung kommt für uns nicht infrage. Vielmehr geht es darum, Aufgaben klar und transparent auf die unterschiedlichen Ebenen aufzuteilen und Doppelgleisigkeiten zu verhindern.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Die Abschaffung der Ländergesetzgebung würde einer Abschaffung des österreichischen Föderalismus gleichkommen und wäre ein Eingriff, der nur durch eine zwingende Volksabstimmung umgesetzt werden kann.

Norbert Hofer, FPÖ:
Nein, die Landtage sollten nicht abgeschafft werden.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
In vielen Bereichen wäre eine bundesweit einheitliche Regelung sinnvoller. Entscheidend ist die Zusammenführung von Ausgaben- und Einnahmenverantwortung auf allen Ebenen. Entweder wird für die Länder Steuerhoheit eingeführt, oder die Landesgesetzgebung wird abgeschafft.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Gesetze sollen möglichst für alle gelten, deshalb setzen wir uns in gewissen Bereichen (zum Beispiel Naturschutz und Jugendschutz) für eine Übertragung der Gesetzgebungskompetenz an den Bund ein. Dort, wo es um Vollziehung geht, sind wir für ein hohes Maß an Dezentralisierung.

Werner Kogler, Grüne:
Mehr Rechtsmaterien sollten hinsichtlich der Gesetzgebung in die Zuständigkeit des Bundes verlagert werden. Die Existenz der Länder bedingt die Existenz von Landtagen. Zu erwartende Effizienzgewinne entstehen durch effektive Kooperation und Vereinfachung der Verwaltungswege.

4.

Sollen Dienststellen, Ministerien und Bundesdienststellen über das Bundesgebiet verteilt werden?

Sebastian Kurz, ÖVP:
Wir wollen die Verlagerung einzelner Bundesbehörden speziell in strukturschwache Regionen forcieren. Das soll in enger Absprache mit Ländern und Gemeinden passieren. Zudem ermöglicht die Digitalisierung, mehr Prozesse der Verwaltung ortsunabhängig zu erbringen.

Pamela Rendi-Wagner, SPÖ:
Wir bekennen uns zur bisherigen Struktur, die wichtigsten Bundesbehörden zentral in Wien vorzusehen, wie es auch unsere Verfassung grundsätzlich vorsieht. Gerade in Zeiten der Klimakrise sind kurze Wege ein umweltgerechter Beitrag.

Norbert Hofer, FPÖ:
Um den ländlichen Raum zu beleben, gilt es, neben dem Erhalt von bestehenden Behörden (Polizeiposten, Schulen, Bezirksgerichte etc.) diese auch wieder gezielt anzusiedeln. Wobei anzudenken ist, ob durch Synergien Kostenersparnis sowie ein Bürokratieabbau stattfinden kann.

Beate Meinl-Reisinger, Neos:
Das halten wir grundsätzlich für einen guten Vorschlag. Dies sollte allerdings nicht zu Ineffizienzen führen. Jedes Projekt sollte in einem transparenten Prozess in Bezug auf Kosten, Nutzen für die Region und Machbarkeit geprüft werden. Auch die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten.

Peter Pilz, Liste Jetzt:
Im Sinne der Verwaltungsökonomie stehen wir diesem Vorschlag kritisch gegenüber. Die Bundesbehörden sind eng vernetzt, weshalb es Sinn macht, diese Stellen an einem Ort zu konzentrieren. Wünschenswert ist eine Digitalisierungsoffensive, die Behördenwege erleichtert.

Werner Kogler, Grüne:
Nein. Es mag zwar Funktionen der Bundesverwaltung geben, die nicht zwangsläufig in Wien stattfinden müssen, aber in einem kleinen Land wie Österreich ist es absurd, bestehende und funktionierende Einheiten und Strukturen zu zerschlagen, um Klientelpolitik zu betreiben.