Von Bad Aussee nach Ulan-Bator: Nach vier Jahren und zehneinhalb Monaten in Österreich wird eine mongolische Familie abgeschoben.

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Eine mongolische Familie wird aus Österreich abgeschoben. Fast vier Jahre war sie im Land. Ein Bleiberechtsantrag läuft. In Bad Aussee ist sie höchst beliebt, der Gemeinderat hat einstimmig für ihr Dableiben votiert. Nutzt nichts. Die Eltern haben Vorverträge bei lokalen personalsuchenden Wirten. Abtransportiert werden sie trotzdem. Die Kinder haben ihr Leben großteils in Österreich verbracht, sprechen gut Deutsch. Keine Chance.

Beim Rückflug kommen neun Polizisten und eine Ärztin mit, die untätig in der Maschine sitzen. Wenig später erhält die Familie eine Abschieberechnung: 19.998,59 Euro.

So weit eine wahre Geschichte – DER STANDARD berichtete. Sie dokumentiert in komprimierter Form den Widersinn des österreichischen Asyl- und Fremdenrechts anno 2019: eines Gesetzeskonvoluts voller Fallstricke für die ihnen unterworfenen Subjekte. In seinem Wirkungsbereich sind Ausländer nach einem Bleiberechtsantrag dem Gutdünken von Asylamt und Fremdenpolizei ausgeliefert: Ist ihre Ausweisung rechtskräftig, kann die Behörde zur Abschiebung schreiten, das offene Verfahren hemmt das nicht. Wirtschaftliche Vernunft, die Kinderrechte und der Respekt für Wünsche aus ländlichen Gemeinden gelten wenig bis nichts: ein abgehobenes, hermetisches System.

Das alles sei schon in Ordnung, heißt es dazu im Innenministerium, denn es entspreche den Gesetzen. Diese seien von einer klaren Mehrheit in einem frei gewählten Parlament beschlossen worden. Der Einwand weicht einer zentralen Frage aus: Können Maßnahmen, die existenzielle Fakten schaffen, bevor der Rechtsstaat das letzte Wort gesprochen hat, angemessen und gerecht sein? Nein, das können sie nicht.

Konkret sind sie Resultat jahrelanger Verschärfungen: ÖVP-Innenminister nach ÖVP-Innenminister setzte auf noch mehr Härte – bis hin zu Herbert Kickl, der als blaues Mastermind die Antiflüchtlingspolitik für seinen Machtausbau nutzte. Entstanden ist eine abschreckende, repressive Maschinerie, die Einheimischen meist verborgen bleibt – es sei denn, sie sind direkt mit einer Skandalabschiebung konfrontiert. Das ist das Problem. (Irene Brickner, 15.9.2019)