Michael Schickhofer trat Montagvormittag von allen Funktionen in der SPÖ zurück.

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Wien/Graz – Angesichts des roten Wahldebakels vom Sonntag, das einem Minus von rund sechs Prozentpunkten entspricht, hat der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer Montagfrüh seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern und Funktionen bekanntgegeben. Er habe Jörg Leichtfried, stellvertretenden Klubchef im Nationalrat, gebeten, die Partei interimistisch zu führen, erklärte Schickhofer in der Grazer Burg.

Verkehrs- und Finanzlandesrat Anton Lang wiederum soll für die SPÖ die Regierungsverhandlungen in der Steiermark führen. Lang gilt als Großkoalitionär der alten Schule, mit dem Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) gut könne. Bis zur Bildung einer neuen Landesregierung will Schickhofer noch die Amtsgeschäfte im Ressort für Katastrophenschutz führen.

Schickhofers Erklärung
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Angesichts des bisher schlechtesten Ergebnisses der SPÖ in der Steiermark mit knapp 23 Prozent erklärte Schickhofer: "Ich bin ein Mensch, der Verantwortung nicht abschiebt, sondern übernimmt." Deswegen trage er auch die Verantwortung für das Wahlergebnis, er nehme zur Kenntnis, dass er "mehr Unternehmer und Manager" sei als Politiker. Und daher werde er seine Funktionen in der Landes- und Bundespartei zurücklegen. Auf seinem "neuen Lebensweg" will Schickhofer "mehr Zeit für die Familie" haben. Den Steirerinnen und Steiern wünsche er "eine neue Regierung, die die Zukunft anpackt".

Lebensentscheidung Sonntagabend gereift

Konkret ist Schickhofers Entscheidung Sonntagabend "gereift", wie er sagte – zuerst wollte er "die Lebensentscheidung" mit seiner Familie besprechen. Seine Tochter habe "Luftsprünge gemacht". Einfaches Parteimitglied der SPÖ bleibe er – am für 15 Uhr avisierten Landesparteivorstand, der über die SPÖ-Wahlniederlage berät, werde er freilich teilnehmen.

Abschließend bedankte sich Schickhofer bei seinen Mitstreitern: "Ich bedanke mich für neun Jahre, der letzte Abschnitt war ein schwieriger." Er blicke aber auch auf Erfreuliches zurück: So habe er etwa "das eine oder andre Achterl" mit Schützenhöfer in gemütlicher Atmosphäre genossen.

Bereits bei der roten Wahlparty am Sonntag wurden erste Stimmen laut, dass man nun ohne Tabus diskutieren müsse. Der steirische ÖGB-Chef Horst Schachner sagte etwa via Ö1: "Ändern wird sich wahrscheinlich vieles müssen." Ob das auch für Schickhofer gelte? "Wir werden alles diskutieren müssen", setzte er nach. Tatsächlich dürfte der scheidende steirische SPÖ-Chef also einer Revolte im Parteivorstand zuvorgekommen sein.

Der Wahlabend im Video.
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Dank von Rendi-Wagner

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dankte Schickhofer am Montagvormittag für seinen Einsatz sowie sein Engagement für die Steiermark und die Partei: Er habe die steirische SPÖ "in einer schwierigen Zeit übernommen". Dazu lobte sie seine "konsequente Arbeit", die etwa "massive Investitionen" in Kindergärten, Schulen und Berufsausbildung mit sich gebracht habe. "Für seinen neuen Lebensabschnitt" wünschte Rendi-Wagner Schickhofer und seiner Familie "alles Gute".

Schützenhöfer respektiert Rücktritt

Auch Landeshauptmann Schützenhöfer dankte Schickhofer als ehemaligem Koalitionspartner: "Wir haben gemeinsam einige Reformen für die Steiermark umgesetzt. Er hat sich in vielen Bereichen engagiert, und auch wenn wir in einer Frage, nämlich jener des Wahltermins, nicht einig waren, haben wir gemeinsam viel weitergebracht."

Schickhofer selbst hatte am Montag auch erklärt, dass ihm am Sonntagabend bewusst geworden sei, dass der Vertrauensbruch mit Schützenhöfers ÖVP, die gegen seinen Willen die Landtagswahl vorverlegt hatte, im Grunde nicht mehr zu kitten sei – auch deshalb sollten jetzt andere ran.

Debatte über Nachfolge

Für Schickhofers Nachfolge werden nun vier Namen genannt: Neben SPÖ-Vizeklubchef Leichtfried und Landesrat Lang werden auch Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher sowie Bau/Holz-Gewerkschaftschef Beppo Muchitsch als künftige steirische SPÖ-Chefs gehandelt. "Die entscheidende Frage wird sein, in welche Richtung die SPÖ gehen will", sagt ein Roter aus der Steiermark.

Lang stünde für eine Fortsetzung der bisherigen Zusammenarbeit mit der ÖVP unter Schützenhöher – was aber "more of the same" bedeuten würde. Immerhin stimme aber zwischen Schützenhöfer und Lang die Chemie, heißt es, beide gelten als Pragmatiker. Sollte die SPÖ jedoch in der Opposition landen, wird Parteirebell Lercher als Favorit genannt, der die SPÖ von Grund auf erneuern soll.

Diesen Ansatz vertritt auch Gewerkschafter Muchitsch, der ebenfalls als potenzieller Nachfolger für Schickhofer gilt. "Nur das Haus jetzt neu anstreichen wird sicher nicht genügen", sagt Muchitsch selbst im Gespräch mit dem STANDARD. "Wir brauchen eine Gesamtsanierung und einen kompletten Umbau." Eine endgültige Entscheidung ist bei der Parteivorstandssitzung am Montag allerdings nicht zu erwarten.

Keine Tipps für Nachfolge

Rendi-Wagner will den steirischen Sozialdemokraten jedenfalls "keine Tipps über den Semmering hinweg" zuwerfen. Ihren ersten Stellvertreter im Klub, Leichtfried, würde sie wohl ziehen lassen. Auf entsprechende Fragen bei einem Medientermin meinte sie am Montag, das hänge von den Entscheidungen auf Landesebene ab. Diese würden wohl auch davon beeinflusst sein, ob die SPÖ wieder in Regierungsverantwortung komme. (nw, mue, 25.11.2019)