Manila/Aschheim/Wien – Eine Schlüsselfigur im milliardenschweren Bilanzskandal um den insolventen Dax-Konzern Wirecard ist womöglich doch nicht über die Philippinen nach China gereist. Die Daten, die die Einreise und Ausreise des früheren Vorstands, des Österreichers Jan Marsalek, Ende Juni dokumentieren sollen, seien gefälscht, sagte der philippinische Justizminister Menardo Guevarra am Samstag.
Dies habe eine Untersuchung der Aufnahmen von Überwachungskameras, Passagierlisten und anderem Material ergeben. "Die Beamten der Einwanderungsbehörde, die diese fiktiven Einträge vorgenommen haben, wurden von ihren Aufgaben entbunden und müssen nun mit verwaltungsrechtlichen Strafen rechnen", sagte Guevarra weiter, ohne die genaue Zahl der Mitarbeiter zu nennen. Er habe weitere Ermittlungen in dem Fall angeordnet.
Milliardenloch
Der Zahlungsabwickler (was genau Zahlungsabwickler machen, hat DER STANDARD hier beschrieben) hatte im Juni eingeräumt, dass 1,9 Milliarden Euro auf asiatischen Treuhandkonten verbuchte Firmengelder sehr wahrscheinlich nicht existieren – und hatte vergangene Woche Insolvenz angemeldet. Es war die erste Pleite eines Dax-Konzern überhaupt und hat für ein Beben in der deutschen Aufsicht gesorgt. Allerdings kam sie doch recht spät: Die "Financial Times" hatte nämlich bereits seit 2014 immer wieder über Ungereimtheiten beim deutschen Konzern berichtet.
Eine Schlüsselfigur ist neben Ex-Vorstandschef Markus Braun (hier das Porträt des auch politisch gut vernetzten Managers im STANDARD) der früher im Wirecard-Vorstand für das Tagesgeschäft zuständige Manager Marsalek. Seine Spur verlor sich, wie bisher angenommen wurde, vor gut zehn Tagen auf den Philippinen. Öffentlich gemacht hat die Staatsanwaltschaft, dass gegen Braun, Marsalek und andere wegen Verdachts unrichtiger Angaben und Marktmanipulation ermittelt wird. (red, 7.2020)