"Zum Würstelstand hegte ich über Jahrzehnte hinweg eine gewisse Hassliebe", sagt Politikexperte Peter Filzmaier.

Foto: Katharina Gossow; Location: Bitzinger-Würstelstand

Die Erinnerung

Zum Würstelstand hegte ich über Jahrzehnte hinweg eine gewisse Hassliebe. Er war lange Zeit ein Ort der Sünde für mich, als ich noch im Laufsport aktiv war. Vor den Wettbewerben war ein Besuch hier natürlich tabu.

Aber ein paar Tage nach den Läufen war die Selbstkasteiung mit vernünftiger Ernährung vorbei, und ich ging zum Würstelstand auf Käsekrainer mit Brot, scharfer Pfefferoni und Senf. Wenn schon ungesund, dann richtig. Heutzutage komme ich etwa nach einem anstrengenden Bürotag ganz ohne Reue her.

Die Gästeliste

Manchmal möchte ich einfach allein sein mit meiner Käsekrainer. Ansonsten lasse ich mich gern auf Diskussionen mit anderen Standbesuchern ein – aber lieber über Sport als über Politik. Durch die Pandemie ist völlig in Vergessenheit geraten, dass wir nicht nur ein Land voller Hobbyvirologen sind, sondern auch voller Hobbyfußballtrainer, die alles besser wissen. Ich gehöre natürlich auch dazu.

Der Ort

In Zeiten von Corona ist der Würstelstand als Outdoorlokal eine gute Wahl. Normalerweise gehe ich auch gerne in Gasthäuser. Parteipolitisch gefärbte Restaurants meide ich lieber, um nicht einen falschen Eindruck zu erwecken. Wenn ich einen Politiker oder eine Politikerin treffen wollte, würde ich das so offiziell und exponiert wie möglich tun, damit der Verdacht eines konspirativen Treffens erst gar nicht aufkommen kann.

Bei mir zu Hause drehen sich die Tischgespräche selten um Politik. Ein Mediziner will ja auch nicht jeden Abend mit seiner Familie die Verdauungsprobleme seiner Patienten diskutieren. Genauso will ich nicht andauernd die Unappetitlichkeiten der Politik besprechen. Manchmal schon, aber bitte bloß nicht ständig.

Das Menü

Ich koche ganz selten, und wenn, dann nur für mich selbst. Aus Gründen der Menschenrechte! Also derer anderer Menschen. Es würde sehr viel guten Willen meiner Gäste verlangen, extra wegen meiner "Kochkünste" auf Besuch zu kommen. Einen wirklichen Feinschmeckergaumen besitze ich nicht, bin eher ein Gourmand als ein Gourmet.

Ich weiß zum Beispiel, dass mir Budweiser-Bier schmeckt. Aber ich bilde mir nicht ein, es bei einer Blindverkostung unter zehn anderen Bieren herauszuschmecken. Für Wiener Küche bin ich leicht zu begeistern. Italienisch und Chinesisch esse ich phasenweise gerne. Sushi geht immer. Und die Käsekrainer vielleicht nicht täglich, aber auf alle Fälle regelmäßig. (Michael Steingruber, RONDO Exklusiv, 16.11.2020)

Das Gespräch fand vor dem "Lockdown light" statt.