Blog-Gastbeitrag von Dominik Kreil und Martin Hoffmann. 

Am 12. Dezember jährte sich zum fünften Mal das Pariser Klimaabkommen. Am 16. Dezember fand die erste Ausschusssitzung im Parlament statt, die sich mit den Forderungen des Klimavolksbegehrens auseinandersetzt. Alle haben sie gemein, dass die Reduktion eines Moleküls in unserer Atmosphäre gefordert wird. Ein Molekül das fast überall ist, und immer mehr wird. Es beinhaltet einen wichtigen Grundstoff unseres Lebens: Kohlenstoff. Das Material, aus dem alles uns bekannte organische Leben aufgebaut ist. Pflanzen nehmen es auf und erhalten damit ihre Struktur, Pflanzen die uns als Nahrung dienen.

Doch warum hat dieses mysteriöse Molekül, Kohlendioxid (kurz CO2), ein so schlechtes Image und dient als Sinnbild für den Klimawandel? Folgen Sie uns durch eine kurze Geschichte der Physik um die Funktionsweise unserer Atmosphäre und die wichtige Rolle dieser besonderen Substanz besser zu verstehen.

CO2 ist das Sinnbild für die Klimakatastrophe.
Foto: EPA/MARTIN DIVISEK

Akt 1: Am Anfang steht das Licht, oder “alles strahlt”

Jeder Gegenstand, ob groß oder klein, rund oder eckig, farbig oder durchsichtig, strahlt Energie ab. Schon Ende des 19. Jahrhunderts haben Josef Stephan und Ludwig Boltzmann mit der Beschreibung von sogenannten schwarzen Strahlern große Erfolge gefeiert. Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter sprechen bei schwarzen Strahlern von Körpern, deren Energieabstrahlung ausschließlich durch innere Prozesse und ihre Temperatur beschrieben werden kann. Dabei dürfen Reflexion oder Transmission - also die Rückstrahlung oder Durchlässigkeit - sowie die Oberflächenbeschaffenheit keine große Rolle spielen. Stephan und Boltzmann konnten beschreiben, wie sich die gesamte abgestrahlte Energie erhöht, wenn ein Körper wärmer wird. Dies trifft in guter Näherung auch auf die Sonne und die Erde zu, welche ebenfalls als schwarze Strahler beschrieben werden können. Dabei stehen beide gemeinsam in einem Strahlungsgleichgewicht. Das bedeutet, dass sich die Erde so lange erwärmt, bis die Energieabstrahlung gleich der Energieaufnahme ist. Ohne Treibhausgase in der Atmosphäre ergäbe sich dadurch eine mittlere Erdoberflächentemperatur von circa minus 18 Grad Celsius.

Sichtbares Licht macht nur einen kleinen Anteil der gesamten uns bekannten elektromagnetischen Strahlung aus. Dieser Strahlung wird oft anhand ihrer Wellenlänge unterteilt. Dafür betrachtet man den Abstand zwischen zwei wiederkehrenden, benachbarten Wellenberge, welcher zum Beispiel für sichtbares Licht zwischen circa 380 und 780 nm (Nanometer) liegt. Nähert man sich kürzeren Wellenlängen, begibt man sich in den Bereich besonders energiereicher Strahlung. Angefangen von Ultravioletter, über Röntgen- bis hin zur gefährlichen Gammastrahlung. Bewegt man sich in die andere Richtung, durchschreitet man als Erstes den Bereich der Infrarotstrahlung (=Wärmestrahlung), über die Mikrowellen bis hin zu den Radiowellen, deren Wellenlänge schon im Meterbereich liegt.

Die unterschiedlichen Bestandteile von Licht: von Gammastrahlung bis hin zu Radiowellen.
Grafik: Dominik Kreil

Am Anfang des letzten Jahrhunderts, kurz nach Stephan und Boltzmann, konnte dann Max Planck erfolgreich erklären, dass sich die Zusammensetzung der Strahlung eines schwarzen Körpers mit dessen Temperatur verändert. Licht das von der Sonne abgestrahlt wird (circa 6000 K Oberflächentemperatur, K steht für Kelvin) besteht somit überwiegend aus sichtbarem Licht sowie Infrarot- und Ultraviolett-Strahlung (siehe gelbe Linie im Bild). Ein großer Anteil davon wird von der Erdoberfläche aufgenommen. Die Erde ist mit einer Temperatur von circa 300 K (circa 20 Grad Celsius) deutlich kühler und strahlt die aufgenommene Energie hauptsächlich im Infrarotbereich wieder ab (siehe blaue Linie im Bild). Genau hier schlagen aber die Treibhausgase zu, und absorbieren die abgestrahlte Wärme! Diese Absorption führt nun zu einer Verschiebung des Strahlungsgleichgewichts in Richtung höhere Temperaturen.

Akt 2: CO2 und der Klimawandel, oder “nicht alles hat einen Effekt”

Die durchschnittliche (über Tag/Nacht, Sommer/Winter, Äquator/Pole, ...) Temperatur auf unserem Planeten beträgt derzeit circa 15 Grad Celsius. Ein ungewöhnlicher Wert, wenn man das Strahlungsgleichgewicht zwischen Erde, Sonne und dem Universum (circa -270 Grad Celsius)  betrachtet. Ohne Atmosphäre müssten wir bei negativen Temperaturen frieren, wodurch Leben, so wie wir es kennen, nicht entstehen hätte können. Die Gase die den Planeten einhüllen spielen hier eine entscheidende Rolle, wobei jedes dieser Moleküle seine ganz spezifischen Eigenschaften aufweist. Im sichtbaren Bereich sind sie alle überwiegend transparent, jedoch werden von ihnen viele der lang- und kurzwelligen Strahlen absorbiert. Ein bekannter Vertreter ist das Ozon, das einen wesentlichen Beitrag der UV-Strahlung abhält, bevor diese auf die Erdoberfläche trifft. Auf der anderen Seite stehen Moleküle wie Methan, Wasserdampf oder eben Kohlendioxid. Durch ihre spezielle Struktur sind sie in der Lage, Infrarotstrahlung zu absorbieren und sorgen somit für die erhöhte Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche. Sie schieben dabei den Gleichgewichtspunkt in höhere Schichten der Atmosphere.

Diese sogenannten Treibhausgase haben einen Anteil von weit unter einem Prozent in der Atmosphäre, sind aber zum überwiegenden Teil die Akteure in diesem Spiel. Wie kann das sein? Der Hauptanteil der uns umhüllenden Luft besteht aus Stickstoff (N2) mit knapp 78 Prozent, gefolgt von Sauerstoff (O2) mit circa 21 Prozent. Diese beiden Moleküle sind zwar mengenmäßig dominant, haben aber im Bezug auf Wärmestrahlung keinen Effekt. Sie sind sowohl im sichtbaren wie auch im Infrarotbereich nicht aktiv. Licht kann sie passieren als wären sie nicht vorhanden. Sie sind auch nicht in der Lage den Treibhaus-fördernden Effekt von CO2 und Co zu verdünnen. Lediglich der absolute Wert von Kohlenstoffdioxid spielt eine Rolle. Warum das so ist, schauen wir uns im letzten Akt an.

Akt 3: Resonanz und die Struktur von Treibhausgasen, oder “alles schwingt”

Atome und Moleküle sind in der Regel elektrisch neutral, das bedeutet, sie tragen gleich viele positive wie negative Ladungen in sich. Jedoch müssen diese Ladungen nicht gleichmäßig verteilt sein. So ist es auch beim Kohlendioxid (mit der chemischen Struktur: O-C-O). Die Sauerstoffatome (O) neigen dazu, Elektronen etwas näher an sich zu ziehen, somit bleibt der Kohlenstoff mit etwas mehr positiver Nettoladung zurück. Dadurch entsteht ein sogenanntes elektrisches Dipolmoment, die Grundvoraussetzung damit langwelliges Infrarotlicht das Molekül in Schwingung versetzen kann. Auch Wasserdampf (H2O) und Methan (CH4) können auf ähnliche Weise von Wärmestrahlung angeregt werden. Sauerstoff (O2) und Stickstoff (N2) hingegen haben durch ihre Symmetrie kein konstantes Dipolmoment und sind somit für Infrarotstrahlung durchsichtig. Dadurch wird schnell klar, dass der relative Anteil von CO2 in der Atmosphäre (aktuell rund 0,04 Prozent) irreführend sein kann. Für Infrarotstrahlung sind Gase wie O2 und N2 quasi nicht vorhanden. 

Das Dipolmoment von CO2 und dessen möglichen Schwingungsarten im Vergleich zu O2 und N2.
Grafik: Dominik Kreil

Alle können mitmachen

Diese drei Akte haben wir im Zuge der Science Holidays, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Sommer, mit Schülerinnen und Schülern diskutiert. Natürlich haben wir nicht nur fachgesimpelt, die Theorien wurden mit vielen Experimenten untermauert. Wir haben gesehen, dass die absolute Menge CO2 ein direkter Verursacher des Treibhauseffekts ist. Der Anteil in der Atmosphäre hat seit Beginn der Industrialisierung um circa 50 Prozent zugenommen. Bis 2040 müssen wir es schaffen den Nettoausstoß von CO2 auf Null zu reduzieren, um den Klimawandel und seine zahlreichen negativen Auswirkungen zu stoppen und Visionen einer lebenswerten Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen. Neben Regierungsvorgaben, wie gezielten Investitionen können alle einen Beitrag dazu leisten. Das Engagement in Organisationen (Fridays for Future, Klimabündnis, Extinction Rebellion, Klimavolksbegehren) liefert einen wichtigen Beitrag, um die allgemeine Aufmerksamkeit zu erhöhen und gute Ideen in die Tat umzusetzen. Für Wissbegierige gibt es Forschungsergebnisse sogar regional und saisonal, wie zum Beispiel vom Wegener Institut in Graz oder der Boku in Wien. (Dominik Kreil, Martin Hoffmann, 22.12.2020)

Dominik Kreil forscht am Institut für Theoretische Physik und engagiert sich bei den Scientists for Future und dem Klimavolksbegehren

Martin Hoffmann forscht am Institut für Theoretische Physik und engagiert sich bei den Scientists for Future auf regionaler und nationaler Ebene

Literaturnachweise und Links

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