Der Verhaltenskodex für Abgeordnete wurde lange angekündigt, im Jänner hat ihn die Präsidiale auf den Weg geschickt – viel mehr als die Sammlung bestehender Regelungen dürfte es aber nicht sein.

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Straßburg/Wien – Angesichts der Dichte mutmaßlicher Korruptionsfälle in Österreich liegt die Frage nahe: Wie gut schützt sich das Land vor Machtmissbrauch, gemessen an internationalen Standards? Die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) hat eine (Teil-)Antwort darauf: Sie empfindet die Umsetzungen ihrer Empfehlungen zur Korruptionsprävention bei Abgeordneten, Richtern und Staatsanwälten als "allgemein unbefriedigend", wie in einer Aussendung bekanntgegeben wurde. Nur zwei der 19 Empfehlungen seien vollständig umgesetzt.

Österreich ist Mitglied bei Greco und hat das Strafrechtsübereinkommen über Korruption ratifiziert, dessen Einhaltung von der Organisation überwacht wird.

Parlament soll Kodex "ernsthaft angehen"

Seit 2017 habe sich bei den Richtlinien für Parlamentarier in Österreich nichts getan, kritisiert Greco, die den "anhaltenden Mangel an Fortschritt" in der Angelegenheit bedaure. Schon nach den Nationalratswahlen 2019 habe die Organisation das österreichische Parlament angehalten, die Umsetzung der Empfehlungen "ernsthaft anzugehen".

Ein Verhaltenskodex für Parlamentarier ist seit Jahren im Gespräch, im Jänner hat ihn die Präsidiale unter Berufung auf die Greco-Empfehlungen beschlossen – der Text wurde auf der Parlamentswebsite Mitte Februar veröffentlicht. Ein Entwurf, über den DER STANDARD im Vorjahr berichtet hat, entsprach allerdings auch eher einer Sammlung bereits gültiger Gesetze.

Das dürfte sich nicht wesentlich geändert haben: Im Kodex "werden die für MandatarInnen geltenden Regelungen zusammengefasst, etwa was Anwesenheitspflichten, Unvereinbarkeiten, Meldepflichten und Geschenkannahmen betrifft. Zudem werden in einem Leitbild wesentliche Grundsätze der Abgeordnetentätigkeit wie Unabhängigkeit, Integrität, Redlichkeit und Vorbildwirkung festgehalten", berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Entwurf für Transparenzregeln liegt im Parlament

Ein Sprecher der Parlamentsdirektion wies darauf hin, dass jüngste Beschlussfassungen in dem Bericht noch nicht berücksichtigt wurden. "Offenbar gab es eine zeitliche Überschneidung", sagte der Sprecher zur APA. So sei etwa mittlerweile ein Verhaltenskodex für Abgeordnete vorgelegt worden und der Entwurf für die Transparenz- und Unvereinbarkeitsbestimmungen liege im Parlament.

Dieser Entwurf enthält zwei Änderungen: Eine Inflationsanpassung der Einkommenskategorien für die Offenlegung der Nebenbezüge der Abgeordneten (die höchste Kategorie liegt nun nicht mehr bei 10.000, sondern bei 12.000 Euro) sowie eine Aufwertung des Unvereinbarkeitsausschusses. Auf die von den Europarats-Experten ebenfalls eingeforderten verschärften Transparenzmaßnahmen konnten sich die Abgeordneten aber nicht einigen.

Nachholbedarf auch in der Justiz

Nachholbedarf sieht Greco aber auch bei der österreichischen Justiz. Zwar begrüßt die Organisation Fortschritte wie das Verbot für Richter und Staatsanwälte, gleichzeitig politische Positionen in Verwaltung oder Gesetzgebung zu besetzen, und die Einführung einer Compliance-Richtlinie in der Justiz. Das Auswahlprozedere und die Bewertungssysteme müssten aber noch verbessert werden.

Wegen des "allgemein unbefriedigenden" ("globally unsatisfactory") Grads der Umsetzungen der Empfehlungen fordert Greco Österreich auf, bis zum 30. September 2021 einen Bericht zum Fortschritt der Umsetzung der Richtlinien vorzulegen. (Sebastian Fellner, APA, 1.3.2021)