Wien – Die zuerst verschleppte, nun mit zweithöchster Geheimhaltungsstufe versehene und nur in Papierform vorliegende Aktenlieferung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an den Ibiza-U-Ausschuss sorgt kommenden Montag auch im Parlament für ein aufsehenerregendes Nachspiel: Da steht die von der Opposition begehrte Sondersitzung des Nationalrats zu Blümels Fehltritten an, die zuletzt den Verfassungsgerichtshof und den Bundespräsidenten mit einem Exekutionsbescheid auf den Plan riefen. In seltener Eintracht haben sich SPÖ, FPÖ und Neos daher bereits auf einen Antrag für eine Ministeranklage gegen Blümel geeinigt – der jedoch keinerlei Aussicht auf eine Mehrheit hat.

Bleibt weiterhin in Amt und Würden: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).
Foto: APA / Georg Hochmuth

Denn der grüne Koalitionspartner, allen voran Klubchefin Sigrid Maurer, hat bereits erklärt, dass man die Vorwürfe für eine Ministeranklage nicht für ausreichend halte. Angesichts der jüngsten Beteuerungen von Blümel, dass er sich sehr wohl "der Verfassung und den Institutionen zutiefst verpflichtet" fühle, hält der grüne U-Ausschuss-Mandatar David Stögmüller im STANDARD-Gespräch fest: "Das Vertrauen in Blümel ist und bleibt für mich erschüttert – er hat das Parlament mehrmals an der Nase herumgeführt, aber das ist ein Problem der ÖVP und nicht der Grünen."

Keine Reue erkennbar

Was den anstehenden Versuch einer Ministeranklage betrifft, hält freilich auch Stögmüller seinem Klub die Treue, denn: Ein grüner Sanktus dazu würde einen Koalitionsbruch und damit Neuwahlen bedeuten – "und das auf dem Höhepunkt des U-Ausschusses", dem nur mehr bis Juli Zeit bliebe, dubiose Vorgänge unter Türkis-Blau aufzuarbeiten. Außerdem, erklärt Stögmüller, müsse parallel zu alledem gewährleistet bleiben, dass die Justiz unter Ministerin Alma Zadić (Grüne) "weiterhin unabhängig ermitteln" könne.

Stögmüller spricht damit laut aus, was sich auch andere im Klub denken. "Wirklich reumütig wirkt Blümel noch immer nicht", kritisieren auch andere Grüne.

Anders als vor dem oppositionellen Misstrauensantrag gegen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wegen nächtlicher Kinderabschiebungen im Februar halten sich bei den Grünen intern die Emotionen diesmal hörbar in Grenzen. Zur Erinnerung: Damals blieben immerhin die Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic und Faika El-Nagashi der Nationalratssitzung aus Protest unentschuldigt fern. Nun hofft man offenbar, dass sich das Verhalten von Blümel in der Öffentlichkeit von selbst richtet, weil dessen Ignoranz gegenüber dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes auch konservative Kreise verstört, wie man betont.

Drei Entscheide zu Kanzler

Doch nicht nur Blümel verärgerte außer der ÖVP alle U-Ausschuss-Fraktionen mit lascher Aktenlieferung, Erinnerungslücken und Entschlagungen zu allfälliger Postenschacherei. Auch gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), ebenfalls nicht lieferwillig in Sachen Korrespondenzen, weil angeblich gelöscht, liegen beim Höchstgericht noch drei Beschwerden vor. Dem Vernehmen nach sollen Entscheidungen dazu noch diese Woche gefällt werden. Eine Exekution wie bei Blümel steht aber nicht an. Neben E-Mail-Lieferungen geht es auch um das Kanzlerhandy. (Fabian Schmid, Nina Weißensteiner, 11.5.2021)