Der Wind am Campus der WU Wien machte den Aktivistinnen und Aktivisten der Gras zu schaffen

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Abstrakt betrachtet war die Idee vielleicht nicht so schlecht. Es ist Pandemie, daher draußen, und es geht ums Klima, daher Pflanzen. Auf Instagram macht es auch was her, wenn man die grünen Ideen vor grünem Gewächs zum Besten gibt. Andererseits: Wien in der Früh, also sehr windig. Gerade in dem Moment, als Umweltministerin Leonore Gewessler vor der Bibliothek der WU eintraf, um den grünen Studierenden (Gras) im Endspurt des ÖH-Wahlkampfs beizustehen, hörten Palmen, Orangenbäume und Co mit dem Stehen auf und beugten sich den Böen.

Man hätte die gefallenen Pflanzen als Symbol bedrohter Natur und eines aus den Fugen geratenen Ökosystems vielleicht einfach kreuz und quer liegen lassen können. Doch selbst in der Studierendenpolitik obsiegt mittlerweile die Ästhetik der Bildregie über die Spontaneität der Ereignisse. Also mussten die Aktivistinnen und Aktivisten die Töpfe wieder aufstellen und sich während der Pressekonferenz hinter ihnen als Stützen positionieren.

Damit die Topfpflanzen nicht auf Ministerin Gewessler fallen, mussten sie permanent bewacht werden
Umweltministerin Gewessler will mit Wissenschaftsminister Faßmann über Klimakriterien in den Leistungsvereinbarungen diskutieren.
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Ministerin Gewessler hob sodann zu ihrer Ansprache an und betonte die Relevanz der Klimafrage in allen Gesellschaftsbereichen. Auch in der türkis-grünen Regierung spiele das Thema in alle Ressorts hinein. "Ihr seid die letzte Generation, die noch den Unterschied machen kann", bestärkte sie die Gras. Auch an den Hochschulen sieht Gewessler noch viel Aufholbedarf bei Klimaschutzmaßnahmen, als positives Beispiel nannte sie die TU Graz, die bis 2030 klimaneutral werden will.

Photovoltaik und Radservice

Gras-Spitzenkandidatin Keya Baier – als nahezu Einzige während der Pressekonferenz nicht mit Topf-Stabilisierungsarbeiten befasst – stellte einen "Aktionsplan" vor, mit dem bis 2030 alle Hochschulen klimaneutral sein sollen. Dafür brauche es in einem ersten Schritt an jeder Hochschule eine Treibhausgasbilanz, um den Status quo zu erheben. Dann fordert die Gras Begrünungskonzepte für Fassaden und Dächer der Hochschulgebäude. Zudem sollen sich die Hochschulen unter anderem mit Photovoltaikanlagen an der Energieproduktion beteiligen und "Radservicestationen" anbieten. Institutionell schwebt der Gras für jede Uni ein Vizerektorat für Klima vor, in den Mensen solle regionaler und mehr vegetarisch gekocht werden.

Vage Gespräche

Inwieweit es zu derlei konkreten Anliegen schon Gespräche mit Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) gegeben hat, ließ Ministerin Gewessler auf Nachfrage weitgehend im Dunkeln: "Wir sind in einem guten Austausch, auch bei gemeinsamen Terminen an Hochschulen." Sollen Budgetmittel der Hochschulen über die (dafür eigentlich nicht gedachten) Leistungsvereinbarungen an Klimakriterien geknüpft werden? Gewessler: "Diesen Vorschlag kann man diskutieren." Sie sei "sicher", dass Faßmann "dafür offen ist".

Auch bei der Frage, ob effektive Klimapolitik antikapitalistisch sein muss, wollte niemand so recht anecken. Gras-Kandidatin Baier meinte, sie habe nur allgemein von einem "Systemwandel" gesprochen, sie tendierte anlässlich einer Nachfrage aber doch zu einem Ja. Gewessler wollte das Wort Kapitalismus noch weniger in den Mund nehmen, sprach aber von der Notwendigkeit einer "großen Transformation in der Art zu wirtschaften". (Theo Anders, 12.5.2021)