Eine Ministeranklage geht bis zum VfGH, braucht aber die Mehrheit des Nationalrats.

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Vier Möglichkeiten gibt es, einen Minister oder eine Ministerin des Amtes zu entheben. Keine der Varianten ist im Falle Blümel wahrscheinlich.

Die erste Option, und von der wird auch in der politischen Praxis immer wieder Gebrauch gemacht, ist der Misstrauensantrag, auch Misstrauensvotum genannt. Dabei entzieht der Nationalrat einem einzelnen Regierungsmitglied sein Vertrauen, der Bundespräsident muss ihn dann des Amtes entheben. Dafür braucht es freilich eine Mehrheit im Nationalrat, die in der aktuellen Causa als unwahrscheinlich gilt.

So ist das auch bei der Ministeranklage, allerdings muss dieser eine "schuldhafte Gesetzesverletzung" zugrunde liegen; konkret müssen "Vorschriften der Bundesverfassung oder der Gesetze verletzt" worden sein. Dann wird ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingeleitet, das bis hin zum Amtsverlust führen kann. In beiden Fällen, dem Misstrauensvotum und der Ministeranklage, muss mehr als die Hälfte der Nationalratsabgeordneten anwesend sein, es reicht aber eben die einfache Mehrheit.

Das Zünglein an der Waage sind also die Grünen, die aller Erwartung nach keiner der Optionen zustimmen würden. Sollten sie etwa einfach nicht zur entsprechenden Sitzung erscheinen, würde das zwar die Mehrheitsverhältnisse, aber wohl auch die Koalition kippen.

Die Macht des Präsidenten

Eine weitere – sehr unwahrscheinliche – Variante ist der Modus, mit dem Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nach der Ibiza-Affäre sein Amt verlor, damals eine Premiere: Der Bundespräsident kann auf Vorschlag des Bundeskanzlers einzelne Regierungsmitglieder entlassen. Nach freiem Ermessen kann der Präsident allerdings nur entweder den Bundeskanzler oder aber die gesamte Regierung entlassen.

Überhaupt hat der Bundespräsident weitreichende Kompetenzen im heimischen Staatsgefüge. Als Nummer eins in der sogenannten parlamentarischen Semipräsidialrepublik kann er nicht nur die Bundesregierung, sondern auch den Nationalrat auflösen, dies allerdings wiederum nur auf Antrag der Bundesregierung. Auch Landtage können vom Staatsoberhaupt auf Wunsch der Regierung aufgelöst werden, hierzu braucht es freilich noch die Zustimmung des Bundesrates.

Im Gesetzgebungsverfahren kommt dem Präsidenten die Rolle des Staatsnotars zu. Er muss nach verfassungsmäßigem Zustandekommen seinen schriftlichen Sanktus unter ein Gesetz setzen – kann aber auch verweigern, wenn der Verdacht besteht, dass ein Gesetz nicht verfassungskonform ist. Wenn der Bundespräsident ein verfassungskonformes Gesetz verweigert, wird er seinerseits ein Fall für den Verfassungsgerichtshof.

Der VfGH wiederum bittet den HBP um Exekution, also Durchsetzung, wenn Organe des Bundes oder der Länder ein Erkenntnis des Höchstgerichts nicht befolgen – siehe Fall Blümel. (Gabriele Scherndl, Michael Simoner, 25.6.2021)