Wer dirigiert, wohin das Sponsoring-Budget der Novomatic fließt? Am Ende die Novomatic. Laut Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit Hilfe durch das Land.

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St. Pölten – Alles hat damit angefangen, dass Wolfgang Sobotka (ÖVP) die Erweckung eines Eindrucks vermeiden wollte – den Eindruck nämlich, dass das Sponsoring der Novomatic für ein vom ihm dirigiertes Konzert so etwas wie politische Landschaftspflege gewesen sein könnte. Der Nationalratspräsident erklärte das im Dezember im Interview mit oe24.tv so: Der Glücksspielkonzern gebe einen sechsstelligen Betrag für Sponsoring in Niederösterreich aus, "und das Land Niederösterreich berät die Novomatic und sagt: Machts es einmal mit dem und einmal mit dem". Die zuständige Abteilung bestätigte das damals auf STANDARD-Anfrage.

Markus Hametner wollte es genauer wissen. Er ist Datenjournalist und Informationsfreiheitsaktivist, arbeitete in der Vergangenheit auch für den STANDARD und berät diesen fallweise informell bei Anfragen an Behörden. Im Februar stellte er der Kulturabteilung des Landes in einem Schreiben acht Fragen. Etwa: "Welche konkreten Empfehlungen, Expertisen und Vorschläge wurden der Novomatic übermittelt?" oder "Mit welchen anderen Organisationen gibt es eine ähnliche oder vergleichbare Zusammenarbeit?"

Wenige Informationen, aber die bleiben geheim

Die Antwort der Abteilung fiel mager aus: Das Land erteilt nur ganz allgemeine Auskünfte, welche Einrichtungen und Veranstaltungen es gibt, darüber würden auch keine Akten geführt. Aber "selbstverständlich nehmen mehrere potenzielle Sponsoren ein Beratungsangebot der Kulturabteilung in Anspruch. In diesem Zusammenhang greift das Grundrecht auf Datenschutz, welches nicht nur für natürliche, sondern auch für juristische Personen gilt." Also: Es gibt keine Akten – und was es an Informationen gibt, bleibt geheim.

Damit gab sich Hametner nicht zufrieden. Er legte Beschwerde gegen den Bescheid der Behörde ein. Der Fall wurde am Mittwoch am Landesverwaltungsgericht verhandelt. Hametner argumentiert, dass es ja nicht nur Akten gibt, sondern auch E-Mails, Telefonprotokolle oder Briefe – und dass die Auskunftspflicht der Behörde unabhängig davon gelte, wie einfach Daten zu beschaffen sind.

Sobotka habe sich wohl "unglücklich ausgedrückt"

Die Behörde schickte zur Verhandlung nicht ihren Leiter, der zu vielen Fragen wohl unmittelbarere Antworten hätte geben können. Sondern eine Juristin, die laut eigenen Angaben seit eineinhalb Jahren dort arbeitet. Ihre Wahrnehmung zu Anfragen an die Abteilung von Unternehmen, die Kultur in Niederösterreich fördern wollen? "Soweit ich das mitbekommen habe, gibt's das nicht wirklich."

Der konkrete Fall mit der Novomatic, das werde "sicher so gewesen sein. Aber es gibt da keine Aufzeichnungen darüber." Zur Aussage Sobotkas könne sie "gar nichts sagen", sie geht davon aus, dass sich der Nationalratspräsident und Ex-Landesrat "sehr unglücklich ausgedrückt" habe.

Behördliche Tätigkeit ohne Kontrolle?

Hametner stellt das nicht zufrieden. Er regt an, das Gericht möge prüfen, ob es wirklich keine E-Mails von der Novomatic bei der Behörde gibt. Darüber hinaus könne noch die für die Kulturagenden zuständige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) befragt werden.

Für den Journalisten stehe im Raum, "dass es eine behördliche Tätigkeit gibt, die für die Öffentlichkeit nicht kontrollierbar ist". Auch wenn bei einer solchen Beratung kein Geld geflossen ist, stelle das Land einem Unternehmen ja Expertise zur Verfügung. "Ich finde, dass auch nichtmonetäre Leistungen der Behörde von Bürgerinnen und Bürgern kontrollierbar ausgestaltet sein sollten, und bin verwundert, dass das hier nicht der Fall sein soll", sagt Hametner vor Gericht.

Richter Gerald Kammerhofer sprach am Mittwoch in St. Pölten noch kein Urteil, es wird schriftlich ergehen.

Neues Gesetz lässt auf sich warten

Es wird nicht die letzte Verhandlung auf Grundlage der bestehenden Auskunftspflichtgesetze gewesen sein: ÖVP und Grüne haben sich auf Bundesebene zwar schon im Regierungsprogramm auf Grundzüge und viele Details des neuen Rechts auf Information geeinigt, und schon seit Februar liegt ein Entwurf für das Gesetz vor. Doch die Sache zieht sich: Nach der Begutachtung will sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) genug Zeit nehmen, um die von allen Seiten kritischen Stellungnahmen einzuarbeiten. Der grüne Abgeordnete David Stögmüller wirft ihr "Blockade" vor. Einen Zeitplan, wann das Gesetz durch den Ministerrat soll, gibt es nicht.

Der aktuelle Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes ist auf der Homepage des Parlaments einsehbar, ebenso die Stellungnahmen dazu. Ziel des geplanten Gesetzes: "Es soll ein Paradigmenwechsel eingeleitet werden, indem das Amtsgeheimnis endgültig beseitigt, staatliche Transparenz zur Regel und Geheimhaltung zur Ausnahme gemacht werden soll." Das ist offenbar noch ein weiter Weg. (Sebastian Fellner, 5.8.2021)