Die Jungen sehnen sich im Wohnraum nach Freiheit und Natur. Dafür sind sie auf der Suche nach Alternativen und testen mobile Wohnformen.

Foto: Getty Images/iStockphoto/Zephyr18

Skeptisch sind sie, die Jungen. Das liegt laut dem Soziologen und Jugendforscher Christoph Reinprecht vor allem daran, dass die Generation Z (Gen Z, je nach Definition Jahrgang 1995 bis 2010) geprägt ist von Prekarisierung des Arbeitsmarktes einerseits und Massenkonsum andererseits. "Das wirkt sich auch auf die Einstellung und Definition von Luxus im Wohnbereich aus", sagt Reinprecht und betont, "dass eine Generation natürlich nie homogen zu betrachten ist".

Was Vertreter und Vertreterinnen der Gen Z allerdings von ihren Vorgängergenerationen (Millennials, Generation X und Babyboomer) unterscheidet, ist, dass sie sich nicht nur die Frage nach Wünschen und Zielen stellen, sondern auch danach, was realistisch betrachtet erreichbar ist. Laut Reinprecht ist das den schwierigen Rahmenbedingungen am Immobilienmarkt geschuldet. "Wohnraum zu besitzen ist ein unleistbares Gut geworden, dessen Kosten ohne Erbe kaum noch zu stemmen sind", sagt der Soziologe.

Trotzdem stünden individuelle Wohnformen und vor allem der eigene Rückzugsort zur Selbstverwirklichung an allererster Stelle, wenn es um die Wohnwünsche der Generation Z geht. Das bestätigt auch die Tirolerin Emma Traxler (17): "Luxus bedeutet, einen Raum zu haben, in dem ich Zeit für mich habe und mich verwirklichen kann. Dieser Raum bietet ausreichend Platz für Musik und Sport."

Autark und nachhaltig

Um die eigenen Wohnwünsche zu erfüllen, scheut die Generation Z nicht davor zurück, neue, alternative Wege zu gehen. Reinprecht erklärt: "Luxus beschreibt eine besondere Form des Konsumierens, und für Teile dieser jungen Generation bedeutet Luxus eben, keinen fixen Wohnort zu definieren. Stattdessen wird eine mobile Wohnform gewählt."

Der Forscher spricht an dieser Stelle von Mikroräumen. Diese könnten beispielsweise umgebaute Hippie-Busse mit Solaranlagen auf dem Dach sein. Denn funktionieren mobile Wohnformen energieautark und autonom, sind gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Das Unabhängigkeitsgefühl steigert sich um ein Vielfaches, und das ökologische Umweltbewusstsein – das Reinprecht in großen Teilen der Gen Z als stark ausgeprägt einschätzt – ist bedient.

Wer hingegen wie Emma Traxler vom Sesshaftwerden im Einfamilienhaus träumt und so das große Freiheitsgefühl stillen will, geht auch diesen Plan mit Bedacht auf die Umwelt an. Der Vorarlberger Gregor Schwärzler (24) hat sich dazu bereits Gedanken gemacht. Er empfindet beispielsweise Gemeinschaftsflächen auch im Luxusbereich als essenziell: "Ein Einzelner soll nicht tausende Quadratmeter für sich allein verbauen. Ein Lösungskonzept könnte ein großes Grundstück mit fünf Häusern sein, die alle gemeinsam einen Pool nützen."

Handwerk und Natur

"Die Ansprüche der Jungen in Bezug auf die Qualität des Wohnraums, dessen Umfeld und Umweltbeziehung sind hoch", sagt Jugendforscher Reinprecht. Freiraum bieten Balkone, Terrassen oder ein Garten. Während die Steirerin Celina Reiter (24) in Wien studiert und lebt, wäre der größte Luxus für sie momentan ein eigener Balkon. Dem stimmt auch Emma Traxler zu. Sie sehnt sich genauso wie Gregor Schwärzler nach Freiflächen rund um die Wohnung. Der Vorarlberger erklärt: "Ich denke an einen Garten oder nicht zu kleinen Balkon, um die Natur zu genießen." Alle drei definieren Zugang zur Natur als Luxus.

"Daneben gewinnt das Handwerk verstärkt an Bedeutung", weiß Soziologe Reinprecht. Das bestätigen die Befragten. Gregor Schwärzler erklärt: "Möbel und Ausstattung eines Hauses müssen viele Möglichkeiten eröffnen, auch im Hinblick auf künstliche Intelligenz." Allerdings empfinden es die drei jungen Menschen als Luxus, wenn im Wohnraum alle Geräte und Möbel vorhanden sind, die man braucht. Auf die Frage, welche Luxusgegenstände sie sich derzeit kaufen würden, würde Geld keine Rolle spielen, lauten die Antworten: eine gemütliche Couch und ein Backrohr. Denn das sind die Dinge, die derzeit fehlen. (Julia Beirer, 8.8.2021)