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Küss' die Hand: Schimpansen und Bonobos legen Wert auf Kommunikation. Bei Bonobos fallen die Signale zum Hallo- und Baba-Sagen stärker aus, wenn sie mit sozial nicht nahestehenden Artgenossen zu tun haben.
Foto: Reuters/Stringer

Kommunikation ist beim Menschen wie bei seinen nächsten Verwandten, den Menschenaffen, immens wichtig. Aber liegt ihnen genauso etwas an Begrüßungs- und Verabschiedungsbekundungen, die gemeinsame Aktionen einrahmen und die man quasi als Höflichkeitsfloskeln betrachten könnte? Ein internationales Forschungsteam fand nun heraus, dass Schimpansen selten gemeinsame Tätigkeiten angehen, ohne sich begrüßt zu haben. Man könnte das also mit dem menschlichen Verhalten vergleichen – bei uns gilt es immerhin auch als unhöflich, etwas zusammen zu unternehmen, ohne einander zuvor zu grüßen.

Ein solches "joint commitment", also eine gemeinsame und gegenseitige Zusicherung, wurde bisher als für den Menschen einzigartig beschrieben. In Experimenten mit Kindern zeigte sich, dass diese protestieren, wenn ein Versuchsleiter abrupt aufhört, mit ihnen zu spielen, also eine Ankündigung des Spielendes fehlt. Dann erhoben sie ihre Stimme oder boten dem Leiter Spielzeug an, um weiterzumachen.

Ein ähnliches Verhalten beobachteten die Biologin Raphaela Heesen, Erstautorin der aktuellen Studie und Wissenschafterin an den Universitäten Neuchâtel/Neuenburg (Schweiz) und Durham (Großbritannien), und ihre Kolleginnen und Kollegen allerdings auch bei Zwergschimpansen (Bonobos): Diese wurden bei der Körperpflege unterbrochen und nutzten dann Gesten, um die Interaktion wieder aufzugreifen.

Ausgeprägte Verabschiedung

Um dem auf den Grund zu gehen, beobachteten sie mehr als 1000 Interaktionen zwischen Schimpansen beziehungsweise Bonobos in vier Zoos. Sie analysierten, was geschieht, bevor und nachdem die Tiere sich gegenseitig das Fell pflegten oder miteinander spielten.

Demnach tauschten Bonobos in neunzig Prozent der Fälle gezielt Signale aus, bevor sie sich auf die gemeinsame Tätigkeit einließen; bei den Schimpansen geschah dies in knapp siebzig Prozent der Fälle. Nach dem Spiel oder der Fellpflege war die Kommunikation, die etwa Berühren, Händchenhalten oder gegenseitiges Anstarren beinhaltete, sogar noch ausgeprägter, schreibt das Team im Fachjournal "iScience".

Mehr Mühe bei größerer sozialer Distanz

Interessanterweise zeigte sich ebenfalls, dass Bonobos schwächere Signale sendeten, wenn das jeweilige Gegenüber ein Gruppenmitglied war, das ihnen sozial nahestand. Den Forschenden zufolge ähnelt dieses Verhalten demjenigen, das bei Menschen als "soziale Etikette" oder "Höflichkeit" gilt: "Wenn man mit einem guten Freund interagiert, ist es weniger wahrscheinlich, dass man sich viel Mühe gibt, höflich zu kommunizieren", sagt Heesen.

Daraus folgern sie, dass dieser Prozess evolutionär bereits bei den letzten gemeinsamen Vorfahren der Gattung Homo und der Gattung Pan (Schimpansen) üblich gewesen sein dürfte. Das wäre eine spannende Erkenntnis: "Verhalten versteinert nicht. Man kann keine Knochen ausgraben, um zu sehen, wie sich das Verhalten entwickelt hat", sagt Heesen. Deshalb ist es so schwierig, Vermutungen über die Verhaltensweisen unserer Urahnen und ihrer Verwandten anzustellen. "Aber man kann unsere nächsten lebenden Verwandten studieren." In Zukunft sollen auch andere Arten auf diese Art der Kommunikation hin untersucht werden. (red, APA, 12.8.2021)