Gernot Blümel sei seine Rolle als Finanzminister leid, heißt es. Er wolle lieber wieder etwas leisetreten und könnte als Kanzleramtsminister Sebastian Kurz in schweren Zeiten den Rücken freihalten.

Foto: APA/Neubauer

Wien – Seit Tagen hält sich hartnäckig das Gerücht über eine bevorstehende Regierungsumbildung auf türkiser Seite. Innerhalb der ÖVP wird dieses Gerücht heftig dementiert, dennoch wird es immer wieder neu erzählt. Im Wesentlichen ist das der Inhalt: Gernot Blümel will nicht mehr als Finanzminister. Er habe früher schon, als er im Mittelpunkt von Ermittlungen stand und es bei ihm eine Hausdurchsuchung gab, seinem Freund und Kanzler Sebastian Kurz den Rückzug angeboten und sogar nahegelegt. Durfte aber nicht. Ein Rückzug Blümels wäre als Schuldeingeständnis gewertet worden und hätte die türkise Regierungsaufstellung ins Wanken gebracht. Dennoch: Blümel will leisertreten, da kann man auch in Rechnung stellen, dass er dieser Tage zum zweiten Mal Vater wurde. Leisetreten könnte er als Kanzleramtsminister. Und Kurz könnte jemanden brauchen, der ihm den Rücken freihält.

Hauruckaktion

Dass eine Entscheidung über eine Anklageerhebung gegen Kurz im Raum steht, befeuert die Gerüchte. Erzählt wird, dass eine oder mehrere Hausdurchsuchungen bevorstünden – im Umfeld des Kanzlers oder bei ihm selbst. Die Hauruckaktion, mit der die Verhandlungen zur Steuerreform durchgezogen und die Pressekonferenz am Sonntag angesetzt wurde, sei ein weiterer Beleg für die Nervosität in der ÖVP.

Sollte Blümel den Platz als Finanzminister freimachen, könnte ihm der Ökonom Gottfried Haber nachfolgen. Haber war mehrfach für ein Regierungsamt im Gespräch, er genießt einen ausgezeichneten Ruf. Was für ihn spricht: Auch mit dem Experten Martin Kocher als neuem Arbeitsminister habe man ausgezeichnete Erfahrung gemacht.

Blümel würde sich auch gerne von der Spitze der Wiener Volkspartei zurückziehen. Dort könnte ihm Karl Nehammer nachfolgen, wiewohl er Wohnsitz-Niederösterreicher ist. Um sich politisch aus dem Schussfeld zu nehmen, könnte Nehammer ins Verteidigungsministerium wechseln. In der ÖVP wären jedenfalls viele erleichtert, wenn sich Klaudia Tanner wieder aus der Bundespolitik zurückzöge. Es gebe reichlich Betätigungsfeld anderswo – mit weniger Aufmerksamkeit.

Rolle als Scharfmacherin

Logische Innenministerin wäre Karoline Edtstadler, die sich mit einer strengen Law-and-Order-Anschauung schon in Stellung gebracht hat. Allerdings soll Edtstadler, derzeit Ministerin für EU und Verfassung, mit der etwas groben Anmutung und einseitigen inhaltlichen Ausrichtung, die ihr Kurz in seinem Team zugedacht hat, nicht zufrieden sein. Als Innenministerin wäre sie erst recht wieder auf die Rolle der Scharfmacherin festgelegt.

Prinzipiell ließe sich auch schwer erklären, warum sich Blümel als Finanzminister unmittelbar nach der Budgetrede zurückziehen soll. Wenn allerdings die Justiz gegen den Kanzler ermittelt, folgen nicht mehr alle politischen Entscheidungen einer sachlichen Logik. (völ, 4.10.2021)