Der Europäische Rechnungshof steht vor einer Zerreißprobe. Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was die Tageszeitung Libération an Missbrauch von Privilegien, schamloser Abkassiererei über Spesen, Wohnbeihilfen und Dienstautos, an Freunderlwirtschaft mit Lobbyisten aufgedeckt hat, muss es Konsequenzen geben.

Das betrifft nicht nur die internen Regelungen, die schamlos überdehnt und ausgenützt werden. Es müsste auch personelle Konsequenzen geben. An der Spitze der Affären steht ausgerechnet der Präsident der Rechnungsprüfer in Luxemburg, Klaus-Heiner Lehne. Ihm wird vorgehalten, dass er neben dem Monatsgehalt von 24.000 Euro Wohnbeihilfe von 3600 Euro für eine Bleibe bezieht, die er kaum nütze, weil selten am Dienstort – und in der auch noch Kabinettsmitarbeiter wohnen. Da werden sich viele EU-Bürger die Augen reiben.

Abenteuerlich, wie er das vor dem Kontrollausschuss des Parlaments begründete: alles legal, pauschale Beihilfen bekommen alle EU-Beamten, wenn sie umziehen. Und mit seinen Mitarbeitermitbewohnern habe er korrekte Untermietverträge! Es gehe niemand etwas an, wie und mit wem er wohne.

Lehnes Verhalten mag legal sein, es bleibt ein Skandal. Er soll offenlegen, wie viel er von seinen Mitarbeitern extra abkassiert. Die Missstände hören nicht auf. Dass EU-Budgetkommissar Johannes Hahn 2015 bei einer Jagdeinladung mit Rechnungshofspitzen dabei war, macht auch keinen schlanken Fuß. (Thomas Mayer, 2.12.2021)