Festspielpräsident und maßgeblicher Finanzier in Erl: Hans Peter Haselsteiner.

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Innsbruck – Es war einer der aufsehenerregendsten MeToo-Fälle in Österreich: 2018 berichtete der Tiroler Blogger Markus Wilhelm auf seiner Website "dietiwag.org" von einer Vielzahl an Vorwürfen gegen die Tiroler Klassikfestspiele Erl und deren damaligen Intendanten Gustav Kuhn. Dieser habe, so die Vorwürfe mehrerer zunächst anonym, später auch namentlich sprechender Sängerinnen, in mehreren Fällen sexuelle Belästigung begangen.

2018 legte Kuhn auf politischen Druck seine Funktion nieder, Ende 2019 stellte die Gleichbehandlungskommission des österreichischen Bundeskanzleramts fest, dass es zweifelsfrei zu sexuellen Belästigungen durch Kuhn gekommen sei. Das Ermittlungsverfahren gegen Kuhn wurde allerdings im März 2020 eingestellt, da in den meisten Fällen "ein allfällig strafrechtlich relevantes Verhalten bis zum Beginn der Ermittlungen bereits verjährt oder zum fraglichen Tatzeitpunkt nicht strafbar" gewesen sei.

Abseits dessen berichteten Markus Wilhelm und in der Folge auch DER STANDARD u.a. über Lohndumping, Abgabenhinterziehung und die Verletzung arbeitsrechtlicher Standards wie Ruhezeiten bei den Festspielen.

Gericht bestätigt Lohndumping

Die Tiroler Festspiele Erl Betriebsges.m.b.H. klagte daraufhin gegen Wilhelm auf Unterlassung. Der letzte verbliebene Prozess in dieser Causa endete nun nach zwölf Verhandlungsrunden mit einer Abweisung der Klage durch das Landesgericht Innsbruck. Die Festspiele mussten mittlerweile mehrere behördlich verfügte Nach- und Strafzahlungen leisten. Markus Wilhelm müssen laut dem Gerichtsurteil rund 26.000 Euro der entstandenen Prozesskosten ersetzt werden.

"Die Zivilrechtsklage war ein ordentlicher Schuss ins Knie für Hans Peter Haselsteiner, den Betreiber und Präsidenten der Festspiele Erl", sagt Markus Wilhelm zum STANDARD über den Prozess. In dem dreieinhalb Jahre dauernden Verfahren seien "immer mehr strukturelle Missstände in Haselsteiners Unternehmen zu Tage getreten, der Sumpf hat sich als weit tiefer erwiesen, als ich bis dahin recherchiert hatte", so der Blogger. Mäzen Haselsteiner selbst musste im Prozess nicht Stellung nehmen, Gustav Kuhn sagte nach mehrmaligem Fernbleiben aufgrund "psychischer Belastung" schließlich doch aus.

Bei den Tiroler Festspielen bestätigte man auf Anfrage des STANDARD die Abweisung der Klage. Man werde das noch nicht rechtskräftige Urteil prüfen und behalte sich vor, in Berufung zu gehen. Möglich wäre dies noch bis Ende des Jahres. (Stefan Weiss, 6.12.2021)